Erfurt – Zu den gefährlichsten Situationen für Fahrradfahrer zählt der Überholvorgang durch schnellere Verkehrsteilnehmer. Oft wird ihnen dabei zu wenig Platz gelassen.
Deshalb wurden in der jüngsten Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) erstmals konkrete Mindestabstände definiert – diese und weitere
Regeln treten am Dienstag (28. April) in Kraft. Was bedeutet das in der Praxis für Autofahrer und Radler?
Mindestabstand innerorts und außerorts
Der Mindestüberholabstand für Autos, Motorräder und Lastwagen zu Fahrradfahrern war bisher nur schwammig formuliert gewesen. Nun ist er exakt festgelegt: innerorts 1,50 Meter, außerorts 2 Meter. «Dieser Abstand gilt übrigens auch für Fußgänger. Hier war bisher lediglich von einem ausreichenden Seitenabstand die Rede», erklärt Unfall-Experte Achmed Leser vom Tüv Thüringen. Auch sogenannte Elektrokleinstfahrzeuge, etwa E-Tretroller, dürfen nur noch überholt werden, wenn entsprechend Platz vorhanden ist.
In der Praxis kommt es jedoch oft zu Situationen, die das Einhalten dieser Mindestüberholabstände gar nicht hergeben. Die Empfehlung des Experten ist eindeutig: «Auch für enge Straßen gibt uns die StVO klare Regeln vor», sagt Leser. So dürfe derjenige, der überholen möchte, den anderen nicht behindern. «Das bedeutet im Klartext: «Notfalls kann nicht überholt werden, und man muss beispielsweise hinter dem Fahrradfahrer bleiben, bis die Verkehrssituation einen Überholvorgang ermöglicht.»
Nebeneinanderfahren erlaubt – wo sind die Grenzen?
Die neuen Verkehrsregeln erlauben künftig auch ausdrücklich das Nebeneinanderfahren von Radlern. Das provoziert möglicherweise aber Konflikte, weil dadurch gegebenenfalls für Autofahrer nicht mehr genug Raum zum Überholen bleibt.
Die StVO stellt klar, dass nebeneinander fahrende Radler andere Verkehrsteilnehmer nicht behindern dürfen. Im Zweifel müssen sie also Platz machen und hintereinander fahren, wenn Autos so sicher überholen können. Was ist aber in engen Straßen, wo Fahrzeuge sowieso nicht im vorgeschriebenen Abstand überholen könnten?
In dem Fall sei das Fahren zu zweit nebeneinander keine zusätzliche Behinderung und deshalb zulässig, lautet die Einschätzung von Rechtsexperte Roland Huhn vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Allerdings müssen Radler gegebenenfalls an einer Einbuchtung kurz anhalten und hinterherfahrende, aufgestaute Autos passieren lassen. Nach der Rechtsprechung sei das aber erst ab drei unmittelbar folgenden Fahrzeugen der Fall.
(dpa/tmn)