Köln – Sie kommen per Bus-Kolonne, per Kreuzfahrtschiff oder per Flugzeug: Jahr für Jahr nehmen Gästeführer in deutschen Städten Heerscharen von Touristen in Empfang.
Deutschland boomt als Reiseland – im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus dem In- und Ausland um 4 Prozent auf den Bestwert von 477,6 Millionen. Aber der Job der Stadtführer wandelt sich. Sie müssen sich auf Facebook und Co. vermarkten, müssen mehr unterhaltsame Geschichten als trockene Jahreszahlen parat haben.
Und wenn sich ein Junggesellenabschied für eine Brauhaus-Führung in Köln anmeldet, muss man auch wissen, auf was man sich da einlässt. In der Stadt trifft sich am 15. Ferbuar der Bundesverband der Gästeführer in Deutschland (BVGD) zum Deutschen
Gästeführertag.
Anja Broich vom Verein Kölner Stadtführer (VKS) ist seit rund 20 Jahren Gästeführerin. Sie hat beobachtet, wie sich ihre Branche gewandelt hat. Ein Erlebnisbericht.
Das neue Publikum: Chinesen und Kreuzfahrer
«Es kommen heute immer mehr Gäste aus Asien – vor allem viel mehr Chinesen. Das sind immer sehr große Gruppen, die in die Stadt strömen und auch schnell wieder weg sind. Meist bringen sie ihre Chinesisch sprechenden Gästeführer selbst mit, seltener sind es Chinesisch sprechende Guides aus der Stadt, denn Chinesisch ist bei deutschen Gästeführern noch nicht so verbreitet, daher gibt es derzeit nur wenig Kontakt zu uns. Des Weiteren haben wir Gäste aus allen europäischen Ländern, immer mehr auch aus Osteuropa. Was auch sehr zugenommen hat, sind Gruppen, die über Flusskreuzfahrten zu uns kommen – hier insbesondere die Gäste aus den USA, Großbritannien, Schweiz und den Niederlanden.»
Die neuen Erwartungen: Unterhaltung statt dröge Jahreszahlen
«Vor sehr vielen Jahren noch bestand die klassische Gästeführung darin, viele Jahreszahlen herunterzurattern. Heute ist mehr Unterhaltung gefragt. Und heute sind auch die Gästeführer besser ausgebildet was die Methodik und Didaktik in diesem Berufsfeld betrifft. Man muss Geschichte in Geschichten erzählen, also mit Anekdoten, Hintergrundinformation. Die Authentizität und der Humor, den ein Guide zu vermitteln mag, sind fast das Wichtigste heute. Dann bleiben auch die Inhalte besser hängen.»
Die neuen Führungen: Events für Junggesellen
««Eventführungen» oder sogenannte Specials werden immer mehr gefragt. Bei uns in Köln zum Beispiel Brauhaus-Führungen, bei Junggesellenabschieden sind sie zum Beispiel sehr beliebt. Da wird über Braukunst, Braugeschichte und Kölner Sagen und Legenden berichtet. Zum Ende hin dringt man häufig allerdings immer weniger mit Informationen durch, besonders, wenn die Brauhäuser gut gefüllt sind. Man muss es mögen, auch als Gästeführer. Ich selbst zum Beispiel überlasse das Feld da lieber den jüngeren Kollegen.»
Die neuen sozialen Medien – und die Frage «Ist das der Dom?»
«Es kommt mitunter ja die Frage auf, ob digitale Angebote irgendwann die Dienstleistung der Gästeführer ersetzen. Das beantwortet sich aber fast von selbst, denn die Erfahrungen und Emotionen, das physische Erleben einer Führung und ganz einfach die Authentizität des Originals – all das könnte nie durch eine digitale Vermittlung zu ersetzen sein. Was aber natürlich wichtiger wird ist die eigene Vermarktung in den sozialen Netzen. Da sind vor allem junge Kollegen stark vertreten.»
(dpa)