Düsseldorf – Was ist in einem Chianti drin? Trauben natürlich. Aber welche Trauben? Nicht jedem Weintrinker ist bewusst, dass Chianti eine Cuvée ist – ein Verschnitt verschiedener Rebsorten.
«Chianti besteht aus vier verschiedenen Rebsorten. Die meisten denken aber, Chianti ist eine Region», sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut. Mittlerweile haben fast alle großen Winzer in Deutschland eine Cuvée im Angebot, wie ein Rundgang auf der
Fachmesse ProWein (18. bis 20. März) zeigt.
Das war nicht immer so: Einen Wein zu cuvéetieren, war laut Büscher lange Zeit negativ behaftet – vielleicht nicht international, aber in Deutschland. Weine mischen klingt nach panschen. Und die deutschen Winzer hielten große Stücke auf ihre rebsortenreinen Weine. Dabei gibt es davon gar nicht so viele.
Im deutschsprachigen Raum ist die Bezeichnung «Cuvée» ein anderes Wort für Verschnitt. Bei diesem Verfahren werden in der Regel schon fertige Weine, die in verschiedenen Behältern vergoren wurden, zusammen gemischt. Das ist die klassische Methode. Es gibt aber auch die Möglichkeit, Rebsorten schon in der Weinpresse zu vereinen. Das heißt, die Trauben werden gemeinsam geerntet und gepresst. Eine weitere Option besteht darin, den Traubensaft im Gärbehälter zu vermischen.
Am bekanntesten ist die Rotwein-Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Merlot aus Bordeaux, sagt Konstantin Baum, Master of Wine. Auch Champagner ist prinzipiell immer eine Cuvée aus Chardonnay sowie rotem Pinot Noir und Pinot Meunier. Im Chianti müssen per Definition die Sangiovese-Trauben den Hauptanteil ausmachen. Der Rest ist eine Beimischung anderer roter und weißer Traubensorten.
Bei Cuvée geht es darum, aus mehreren Sorten etwas Neues zu kreieren. Dabei versuchen Winzer, die verschiedenen Eigenschaften der Weine auszubalancieren – also eine gute Mischung aus Aromen, Körper, Frucht und Säure, Alkohol sowie Gerb- und Bitterstoffen zu schaffen.
«Eins und eins ergibt da oft drei», erklärt Büscher das Geschmackserlebnis einer guten Cuvée. Jeder Wein für sich genommen schmecke anders als der Verschnitt. Preislich gesehen ist eine Cuvée oft teurer als andere gängige Weine – und daher eher etwas für besondere Anlässe.
Auch bei den Weißweinen gibt es Cuvées, allerdings weniger. Diese werden oft als typische Sommerweine mit Fantasienamen verkauft. Bekannt sind ansonsten die Mischungen aus Weißburgunder und Chardonnay, Sauvignon Blanc und Sémillon oder Müller-Thurgau und Riesling.
Oft trinken Verbraucher eine Cuvée, ohne es zu wissen. Denn der explizite Hinweis auf dem Etikett fehlt meist. Weinrechtlich ist der Begriff Cuvée nicht einheitlich in Europa definiert. Eine Ausnahme ist die Mischung aus genau zwei Rebsorten. In Deutschland dürfen sie gleichberechtigt auf dem Etikett stehen, also Weißburgunder/Chardonnay.
Rainer Schnaitmann ist Winzer aus Baden-Württemberg. Er hat verschiedene Cuvées im Angebot, unter anderem «Simonroth Cuvée D»: ein Verschnitt aus Merlot, Lemberger und Cabernet. «Ein Wein, der vor allem in Bars gut funktioniert», sagt Schnaitmann. Noch gehobener ist die Cuvée MC aus Merlot und Cabernet Franc, die einen sehr frischen Geschmack hat. Für Winzer bieten Cuvées immer auch die Möglichkeit, Jahrgangsunterschiede auszugleichen.
Cuvées sind auch perfekte Menübegleiter. André Macionga, Sommelier bei Tim Raue, setzt sie ein, «um ein aromatisches 3-D-Erlebnis zu schaffen». Aus dem Zusammenspiel von Essen und Wein entstehe etwas Neues. Macionga schenkt beispielsweise seine Weißwein-Cuvée «Unartig» zu Raues Vorzeige-Gericht Wasabi-Kaisergranat aus: Dabei werden frittierte Kaisergranatschwänze mit einer Vinaigrette aus unter anderem Karotten, Ingwer und Korianderstängeln auf einer Mango-Passionsfruchtsoße serviert. «Der fruchtige Wein wird durch die Säure des Essens unterstützt.»
Gibt es auch Aromen, zu denen eine Cuvée nicht so gut passt? «Wenn man etwas Subtiles wie ein Sashimi isst, funktioniert das nicht so gut», sagt Macionga. «Der Wein ist dann zu laut.»
(dpa/tmn)