Köln – Besser ein Job auf Zeit als gar kein Job: Nach diesem Motto haben viele Berufstätige in Deutschland befristete Arbeitsverträge geschlossen.
Für den Arbeitnehmer hat eine Befristung meist keine Vorteile – für den Arbeitgeber schon. Allerdings muss er sich auch an Regeln halten, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Sozialrecht. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Wann darf ein Arbeitgeber einen Vertrag befristen?
Wenn er dafür einen sogenannten sachlichen Grund hat. Typische Gründe sind zum Beispiel Elternzeit- oder Krankheitsvertretungen. Auch ein Großauftrag kann ein Grund sein, wenn kurzfristig die Arbeitsmenge dadurch steigt, aber auch absehbar wieder endet. Eine chronisch unterbesetzte Abteilung, in der Arbeit liegenbleibt, wäre dagegen kein sachlicher Grund für eine Befristung.
Was ist, wenn es keinen sachlichen Grund gibt?
Auch dann darf der Arbeitgeber einen Vertrag zwar befristen – aber nur auf maximal zwei Jahre. Üblich ist das zum Beispiel bei Neuanstellungen.
Sind mehrere befristete Verträge hintereinander erlaubt?
Befristungen ohne sachlichen Grund darf der Arbeitgeber dreimal verlängern – allerdings nur, wenn er dabei nicht die Höchstdauer von zwei Jahren überschreitet. Ein Sechs-Monats-Vertrag, der zweimal um je ein halbes Jahr verlängert wird, wäre also erlaubt. Mit sachlichem Grund sind Kettenbefristungen dagegen möglich: So kann ein Arbeitnehmer zum Beispiel mehrere Elternzeitvertretungen hintereinander übernehmen.
Wie muss die Frist aussehen?
Erstens muss sie unbedingt schriftlich vereinbart sein. Und zweitens muss klar sein, wann der Vertrag endet. Deswegen muss dort aber nicht zwingend ein konkretes Datum stehen. Stattdessen kann die Befristung auch an ein Ereignis gebunden sein, also zum Beispiel an die Rückkehr eines Kollegen aus der Elternzeit.
Gilt die Befristung auch bei Mutterschutz oder Elternzeit?
Ja. Solche Pausen beeinflussen die Befristung nicht, ein befristeter Arbeitsvertrag verlängert sich dadurch also nicht.
Was müssen Arbeitnehmer beachten?
Sie sollten sich vor allem nicht darauf verlassen, dass ihr Vertrag verlängert oder entfristet wird – und sich deshalb rechtzeitig, also spätestens drei Monate vor Vertragsende, arbeitssuchend melden. Zudem kann es sein, dass sie aus einem befristeten Job nicht früher herauskommen: Eine vorzeitige Kündigung ist nur möglich, wenn das ausdrücklich im Vertrag steht. In der Praxis ist das aber meist so.
Millionenfache Befristungen auf dem Jobmarkt
Die Zahl der befristet Beschäftigten in Deutschland hat innerhalb der vergangenen 20 Jahre um mehr als eine Million auf rund 2,8 Millionen im vergangenen Jahr zugenommen. Das geht aus einer Antwort des Statistischen Bundesamtes auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. 2015 waren rund 2,7 Millionen Arbeitnehmer befristet beschäftigt.
Berücksichtigt wurden alle abhängig Beschäftigten ab 25 Jahren. Jüngere Arbeitnehmer im Übergang von Schule oder Hochschule zum Arbeitsmarkt flossen nicht in die Statistik ein.
Der Anteil der befristet Beschäftigten an allen abhängig Beschäftigten stieg seit 1996 von 6,4 auf 8,5 Prozent. Der Anteil wuchs mit leichten Schwankungen bis 2006 auf 8,4 Prozent und schwankte seither zwischen 8,2 und 8,9 Prozent.
Besonders oft sind 25- bis 34-Jährige befristet beschäftigt. Hier stieg der Anteil von 9,6 Prozent vor 20 Jahren über 16,6 Prozent 2006 bis 18,1 Prozent im vergangenen Jahr.
Mehr als jeder dritte Betroffene arbeitet unfreiwillig befristet. Darauf wies das Statistische Bundesamt bereits im September hin. 36,5 Prozent gaben über alle Altersgruppen hinweg an, mangels Dauerstelle ein befristetes Arbeitsverhältnis eingegangen zu sein. 31,6 Prozent nannten einen Probevertrag als Grund. 25,7 Prozent befanden sich in Ausbildung. 6,2 Prozent hatten bewusst die Befristung gewählt.
(dpa/tmn)