Alpine A110: Rückkehr der Sportwagen-Legende

Die Alpine ist zurück. Knapp 63 Jahre nach dem Start des französischen Kult-Sportwagens kommt dessen moderne Version auf den Markt. Exakt 1955 Mal wird die Première Edition fabriziert – eine Referenz ans Premieren-Baujahr. Die Alpine der Neuzeit orientiert sich optisch deutlich an der gleichnamigen A110, die von 1962 bis 1977 gebaut wurde. Die Preisliste für den charmanten Mittelmotor-Sportler startet bei 58.000 Euro.

Klein, leicht, agil, schnell – diese vier Attribute kennzeichnen auch die Alpine der Neuzeit. Sie ist mit 4,18 Metern Länge in etwa auf einem Niveau mit dem Renault Clio, aber 1,80 Meter breit und nur 1,25 Meter hoch. Konsequenter Leichtbau spiegelt sich etwa im Alu-Chassis wider und in der Gewichtsoptimierung aller verwendeten Teile wie Sitze oder Brembo-Bremsen. Letztlich kam ein fahrfertiges Gewicht von knapp über einer Tonne heraus, in der Premieren-Version sorgen ein paar Komfort-Zutaten für ein Lebendgewicht von immer noch sehr beachtlichen 1.178 Kilo. Auf die trifft der hinter den beiden Sitzen installierte 1,8-Liter-Turbobenziner, der in ähnlicher Form schon in den schnellsten Clios zum Einsatz kommt. Im A110 leistet er 252 PS, die bei 6.000 U/min parat stehen, das maximale Drehmoment von 320 Nm liegt ab 2.000 U/min an. Für die Schaltarbeit ist ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe zuständig, das wie üblich auch manuell betätigt werden kann – und bei sportlicher Betätigung auch soll, gut orchestriertes Auspuffgeräusch mit Posaunen und Basstrommeln inklusive.

Die dürren Daten zeigen schon: Wenn gewünscht, geht es mit der Alpine ziemlich flott voran. Um es auf den Punkt zu bringen: Der per Druckluft beflügelte Vierzylinder bringt die Fuhre in 4,5 Sekunden auf 100 Sachen und gibt sich erst bei 250 km/h zufrieden. Klingt jetzt für Sportwagen-Profis vielleicht nicht ganz so rasend spektakulär. Beeindruckend ist aber das Gesamtpaket, das die Franzosen geschnürt haben. Denn beim A110 passt alles zusammen, er wirkt wie aus einem (Leicht-)Guss. Er ist smart, schick, wendig und temperamentvoll. Dank des Motors vor der Hinter- und des 45-Liter-Tanks hinter der Vorderachse liegen 46 Prozent des Gewichts vorne, 54 Prozent hinten. Und das sorgt für eine gewaltige Portion Grip und Stabilität, auch auf feuchter Fahrbahn. Das Auto ist perfekt austariert, lässt sich ohne großen fahrerischen Aufwand durch gemeine Kurvenkombinationen treiben und hält dank seiner Gutmütigkeit den Adrenalinspiegel von Fahrer und Beifahrer auf Wellness-Niveau.

Aus dem Normalmodus heraus lässt sich das dynamische Fahrerlebnis durch betätigen des roten "Sport"-Knopfs im Lenkrad noch aufs Niveau Sport und Track beamen, eine Taste unter dem Touchscreen erlaubt es auch, das in diesen Modi schon deutlich zurückhaltender agierende ESP auch ganz zu deaktivieren. Aber das ist dann wirklich ein Fall für den Profi und die Rennstrecke. Dort schlägt sich die Alpine schon im Sportmodus souverän und folgt frei von List und Tücke dem vom Piloten vorgegebenen Kurs. Das ist dem aufwendigen Fahrwerk zuzuschreiben, das eigens entwickelt worden ist und nicht von einem bereits existierenden Renault-Produkt stammt. Beachtenswert ist auch, dass die Alpine bei aller Stabilität ganz und gar nicht knallhart abgestimmt ist, sondern durchaus eine Portion Fahrkomfort bietet.

Die Sportsitze der ersten Ausgabe sind nicht neigungs- und nur durch kräftiges Schrauben in drei Stufen höhenverstellbar. Wer also nicht richtig reinpasst oder sich wohlfühlt, hat Pech gehabt. Allerdings kamen bei ersten Testfahrten im Süden Frankreichs weder von besonders großen, noch von eher kleinen Piloten Klagen über ihre Sitzposition. Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Klaviatur hinter dem schön kleinen und dicken Lederlenkrad. Denn dort drängen sich links und rechts die feststehenden Schaltpaddel und wahlweise Blinkerhebel oder Radiobediensatellit und Wischerhebel – das ist ein bisschen eng. Die drei runden Tasten für vorwärts, rückwärts und Leerlauf vorne auf dem Mitteltunnel lassen sich in kürzester Zeit intuitiv bedienen – selbiges gilt auch für das Infotainmentsystem aus dem Hause Renault.

Ein praktisches Auto ist der A110 definitiv nicht. Dafür sorgt schon die völlige Abwesenheit von Ablagen oder einem Handschuhfach im Innenraum. Und auch die beiden zusammen 196 Liter großen Kofferräume vorne und hinten erfüllen allenfalls rudimentärste Transportbedürfnisse. Aber als Kleintransporter ist die Neuauflage der Rallye Monte Carlo-Legende ja auch nun wirklich nicht gedacht. Sondern als kleiner, feiner Flitzer für die Fahrt zur Arbeit oder auf die Rennstrecke. Schade nur, dass die Première Edition schon fünf Tage nach dem Bestellstart Ende 2016 ausverkauft war. Wer also heute beschließt, sich eine Alpine in die Garage zu stellen, darf frühestens in einem Jahr mit der Auslieferung rechnen. Dafür hat er dann die Wahl zwischen den zwei Ausstattungsvarianten – einem puren Sportler und einem fast schon nobel ausgestatteten Modell.

Rudolf Huber / mid

Technische Daten Alpine A110 Première Edition
Zweitüriges, fünfsitziges Mittelmotor-Sportcoupé, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Millimeter: 4.180/1.980(mit Außenspiegeln)/1.252/2.420, Kofferraumvolumen: vorne 100 l, hinten 96 l, Leergewicht: 1.178 kg; max. Zuladung: k. A., Tankinhalt: 45 l, Wendekreis: 11,6 m.
Antrieb: Vierzylinder-Turbo-Benziner, Hubraum: 1.798 ccm, Leistung: 185 kW/252 PS bei 6.000 U/min, max. Drehmoment: 320 Nm bei 2.000 bis 5.000 U/min, 0 – 100 km/h: 4,5 s; Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h; Verbrauch: 6,1 l/100 km; CO2-Emission: 138 g/km; Heckantrieb, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Preis: 58.000 Euro.


Quelle: GLP mid

(dpa)