Doha – Die «Krümel» sind natürlich zuhause geblieben. Die Zwillinge von Christina Schwanitz wären ohnehin längst um Bett gewesen, als die Kugelstoßerin eine halbe Stunde vor Mitternacht im Khalifa-Stadion lauthals jubelte.
Die Mutter eines zweijährigen Mädchens und Jungens bringt aus Doha eine Bronzemedaille mit nach Hause nach Chemnitz. Bei ihrer ersten WM nach der Babypause gelang der Weltmeisterin von 2015 ein Coup.
«Ich möchte einfach nur Danke sagen. Danke an alle, die mich unterstützt haben. Dass sie nicht gesagt haben: Jetzt ist sie eine Mama, jetzt ist die abgeschrieben», sagte Schwanitz im ARD-Interview und weinte Freudentränen. «Ich hab ganz viel Hilfe bekommen.»
Vor vier Jahren in Peking hatte die Athletin vom LV 90 Erzgebirge mit WM-Gold ihren größten Erfolg gefeiert, nachdem sie 2013 in Moskau schon Silber gewonnen hatte. Nach ihrer Babypause feierte Schwanitz mit dem zweiten Platz bei der Heim-EM 2018 in Berlin ein gelungenes Comeback. In Doha kehrte sie in die absolute Weltklasse zurück. «Jetzt hat sie den vollständigen Medaillensatz», sagte ihr strahlender Trainer Sven Lang.
Den Titel gewann wie schon vor zwei Jahren Topfavoritin Chinesin Gong Lijiao aus China mit 19,55 Metern. Silber ging an die die Jamaikanerin Danniel Thomas-Dodd mit 19,47. Schwanitz kam im vierten Durchgang auf die Bronzeweite von 19,17 Meter. «Es geht nur um die Geschwindigkeit der Füße. Oben ist die stark», hatte Lang nach den ersten drei Stößen geurteilt.
Dieser Erfolg gibt Schwanitz auch Selbstvertrauen für die Olympische Spiele 2020 in Tokio. Da möchte die zweimalige Europameisterin noch mal angreifen – zumal sie 2016 Rio de Janeiro als enttäuschte Sechste abreiste. Inzwischen führt die Chemnitzerin aber ein anderes Leben: Im Juli 2017 wurden die Zwillinge geboren. Schwanitz, Angehörige der Bundeswehr, hat zudem in diesem Jahr an der Hochschule Mittweida ein Bachelor-Studium für Soziale Arbeit aufgenommen.
«Ich möchte nicht ohne meinen Sport derzeit sein, ich möchte aber auch nicht ohne meine Kinder sein», erklärte Schwanitz die Dreifachbelastung. Und beruflich will sie sich auch weiterentwickeln. «Da muss man halt einfach konsequent sein und seinen Tagesablauf so planen, dass es möglich ist. Und es ist möglich.» Für Lang ist Schwanitz schlicht «eine Powerfrau».
Es sei halt «viel, viel schwieriger, so Schwanitz über ihre zweite Karrierehälfte, aber: «Ich möchte zeigen, dass man auch mit Kindern Weltspitze sein kann.» Die «Krümel», wie Schwanitz ihre Zwillinge nennt, sind zuhause bei Papa Tomas geblieben – und bekommen nach der Rückkehr von der Mama eine Medaille gezeigt. «Dieses Bronze dieses Jahr ist mein ganz persönliches Gold», sagte Schwanitz.
(dpa)