Ziel der Kanuten: Alle Quotenplätze für Tokio

Szeged – Die deutschen Kanuten peilen bei der WM in Szeged alle Quotenplätze für Olympia 2020 an. Nach den Titelkämpfen auf der ungarischen Regattastrecke, wo insgesamt 170 Quotenplätze vergeben werden, soll das angestrebte 18-köpfige Olympia-Team für Tokio fast schon stehen.

«In Szeged wollen wir nicht in erster Linie Medaillen zählen, sondern wenn möglich alle Quotenplätze holen. Daher werden wir nicht die besten Paddler pro Disziplin an den Start bringen, sondern unsere Großboote stark machen», lautet die Devise von Thomas Konietzko, Präsident des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV).

Die Paradeboote mit Chancen auf Olympia-Gold sind vor allem die Kajak-Vierer. Auch der Canadier-Zweier mit Yul Oeltze und Peter Kretschmer, die vor ihrem WM-Hattrick stehen, gelten als Favoriten. Die Rio-Olympiasieger Max Rendschmidt und Tom Liebscher sitzen nun auf der halben Distanz – in Rio waren noch die 1000 Meter olympisch – mit Ronald Rauhe und Max Lemke im DKV-Flaggschiff, das bei den Europaspielen in Minsk die erste Niederlage seit langer Zeit hinnehmen musste. «Die Kajak-Männer sind extrem stark, da müssen wir keinen wachrütteln. Dier Niederlage zeigt: Es ist eben kein Selbstläufer, da muss man den Fokus wieder neu schärfen», meinte Bundestrainer Arndt Hanisch.

Noch ohne Sieg in diesem Weltcup-Sommer blieb bislang Vorzeige-Paddler Sebastian Brendel. Das hatte es für den dreimaligen Olympiasieger und zehnmaligen Weltmeister aus Potsdam noch nie gegeben. Bei den Europaspielen musste sich der Canadierspezialist mit Bronze zufrieden geben. Immerhin ist der erfolgsverwöhnte Ausnahme-Athlet seit 2014 auf seiner Paradestrecke über 1000 Meter bei WM und Olympia ungeschlagen. «Seine Formkurve stimmt», meinte Hanisch und betonte: «In den beiden Jahren nach Olympia geht man mit den Umfängen runter, das gilt nicht nur für Sebastian.» Dann sollen sich die Kaderathleten vor allem um ihre berufliche Ausbildung kümmern.

Im vorolympischen Jahr wie diesem stehen dann laut Coach die «erhöhten Umfänge im Fokus». 120 Kilometer pro Woche sind da normal. «Im Olympia-Jahr geht es dann mehr in die Qualität und in die Geschwindigkeit rein. Das hohe Niveau halten funktioniert sonst nicht», erklärte Hanisch, der die Deutschen in der Trainingssteuerung am «strukturiertesten» hält. «Im Normalfall machen die anderen Nationen nicht so viele Umfänge wie wir. Wir gehen immer von der alten Schule aus, das soll nicht negativ gemeint sein. Unsere Basis muss so gut sein, dass wir sagen: Wir brauchen Umfang, Umfang.»

Eine Weltpremiere könnte es in Szeged hinsichtlich des Materials geben. Zusammen mit dem Berliner Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) entwickelte der DKV einen neuen Zweier-Kajak mit einem Spiegelheck – quasi abgeschnitten wie bei einem Segelboot hinten. «Wir haben nach Rio mit dem FES mit der Entwicklung begonnen», sagte Sportdirektor Jens Kahl.

Seit einem Jahr wird das Kajak getestet. «Es hat Vorteile, liegt extrem ruhig im Wasser, bewegt sich kaum noch, da kann man die Kraft ideal aufs Wasser bringen», meinte Kahl und fügte an: «Wir haben es noch nicht unter Extrembedingungen testen können.» Daher ist es noch offen, «ob es das Boot für Tokio sein wird». Rein rechnerisch soll es 0,7 Prozent schneller sein. «Fast im Sekundenbereich», betonte Hanisch, während der routinierte Max Hoff noch vorsichtig ist: «Wenn man das Boot nicht paddeln kann, dann bringt es nichts.»


(dpa)

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