London – Einen Eingangstest an der Sporthochschule Köln musste Konstanze Klosterhalfen gleich dreimal absolvieren. 6,70 Meter waren gefordert – im Kugelstoßen.
Wer die schlaksige Athletin rennen sieht mit ihren 47 Kilo und 1,74 Metern, der kann sich gut vorstellen, dass die Kraftdisziplin nicht ihre ist. In Sachen Ausdauer aber ist die 20-Jährige ein Ass. Sie gilt als das größte deutsche Lauftalent. Bei der WM in London feiert Klosterhalfen am Freitag nun ihr Debüt.
Klar, die Asse aus Afrika sind «ein ganzes Stück» weg. Aber: «Ich bin über 1500 Meter schon etwas näher und unter vier Minuten gekommen», sagt Klosterhalfen. «Mein Ziel ist es, immer näher dranzukommen und mehr mitlaufen zu können.»
Die Bestmarke der Leverkusenerin steht bei 3:59,30 Minuten, die Jahresschnellste Sifan Hassan (Niederlande) hat 3:56,14 vorzuweisen. Bei einer WM gibt es aber schon auch mal taktische Rennen und es wird nicht nur von Anfang an Tempo gebolzt. «Ich habe in dieser Saison so einiges ausprobiert, wie es geht», erklärt Klosterhalfen, die in Rio de Janeiro im olympischen Halbfinale gestanden hatte.
Der Sportjournalistik-Studentin trauen viele eine Überraschung zu – vor allem nach dieser so erfolgreichen Saison. Zuletzt wurde Klosterhalfen U23-Europameisterin. Bei der Hallen-EM in Belgrad hatte sie bereits Silber hinter der Britin Laura Muir geholt. Und bei ihrem Diamond-League-Meeting-Debüt in Rom kam die Mittelstrecklerin auf Rang drei hinter der Hassan und Winny Chebet aus Kenia. Im deutschen Junioren-Bereich hält sie längst alle Rekorde.
Klosterhalfen mag «das Laufgefühl, der Flow, wenn man alles um sich herum vergisst.» Sie habe sich weiterentwickelt, neue Reize gesetzt mit den Trainingslagern im Januar in Südafrika und im März in Flagstaff/USA. Zuhause absolviert sie neun Einheiten mit zwei Stunden pro Woche. «Ohne Spaß könnte man es nicht machen, sonst würde man daran kaputt gehen», betont sie.
Wenn Klosterhalfen als Kind internationale Laufwettbewerbe im Fernsehen geschaut hat, «dann waren da nie viele Deutsche». Das hat sich zumindest bei den Frauen etwas geändert – dank ihres Vorbilds Gesa Felicitas Krause, der Hindernis-Europameisterin. Und mittlerweile auch dank «Koko» selbst.
Für den Deutschen Leichtathletik-Verband ist Klosterhalfen schon jetzt ein Glücksfall. «Ich traue ihr etwas Besonderes in den nächsten drei Jahren bis Olympia in Tokio zu. Sie hat viel Lust, schnell zu laufen. Ich hoffe, dass sie viel lernt», sagt Cheftrainer Idriss Gonschinska. «Jetzt soll sie sich langsam an die Weltspitze herantasten und ihre Freude am Laufen erhalten.»
Vorlauf, Halbfinale, Finale – das ist Klosterhalfens Prüfungsplan für die WM. «Drei Rennen hatte ich noch nicht. Umso weniger man denkt, desto besser. Einfach laufen.» Zwischendrin hätte sie theoretisch auch noch Zeit, ein bisschen Kugelstoßen zu schauen.
(dpa)