Wien – «Insel-Lösung» ist ein Schlagwort, das auch in Wien den deutschen Beachvolleyball aufwühlt.
«Zum Verband wollen wir hier bei der WM nichts weiter sagen», erklärte die Friedrichshafenerin Julia Sude, die sich mit ihrer Stuttgarter Partnerin Chantal Laboureur auf der Donauinsel immer mehr in eine Favoritenrolle spielt. Am Dienstag gewannen die Weltranglisten-Zweiten ihr drittes Vorrundenspiel gegen das spanische Team Elsa/Amaranta mit 2:0 (21:17, 21:16).
«Ziel ist es jetzt, mit dem Team ins Finale zu kommen und Gold zu gewinnen», erklärte Trainer Ricardo «Vento» Brunale de Andrade. Der Brasilianer betreut seit diesem Jahr das derzeitige deutsche Duo Nummer eins. Der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) hätte es lieber gesehen, wenn sich Laboureur und Sude in das neue zentrale Stützpunktsystem eingefügt hätten. Doch Laboureur, die neben dem Leistungssport im siebenten Semester Medizin studiert, und die angehende Zahnmedizinstudentin Sude verfolgten andere Pläne.
In Hamburg läuft seit Jahresbeginn auch mit finanzieller Unterstützung der Stadt und des HSV ein Projekt, in dem die besten und talentiertesten deutschen Sandwühler integriert werden sollen. Nur den Olympiasiegerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst wurde eine «Insel-Lösung» eingeräumt. Beide können mit ihrem bewährten Trainer- und Betreuerteam eigenständig weiterarbeiten.
Weiteren Duos wie Sude/Laboureur und den neu zusammen spielenden Karla Borger und Margareta Kozuch wurde der Status als Nationalteam verwehrt, weil sie ihre eigenen «Inseln» nicht aufgeben wollten. Die Konsequenzen: Die Duos erhielten bei internationalen Turnieren keine Unterstützung in Sachen medizinische Betreuung oder Scouting oder wurden wie Borger/Kozuch gar nicht erst gemeldet – Ärger pur.
«Phasenweise war es sehr belastend. Jetzt blenden wir das aus, das schaffen wir die meiste Zeit sehr gut. Wir sind beide Kämpferinnen», sagte Kozuch, die viele Jahre als Hallennationalspielerin das Vorzeige-Gesicht des DVV war. «Dass alle an einem Tisch sitzen, das gab es noch nicht», berichtete die neue Beach-Spielerin Kozuch.
Die erlaubte Sonderlösung Ludwig/Walkenhorst sowie die Inseln Sude/Laboureur und Borger/Kozuch leuchten bisher in Wien. Die drei Damenteams gehen am Mittwoch in die K.o.-Runde. «Ich bin froh, dass wir unseren Weg so gegangen sind», sagte Laboureur. Kurz vor WM-Start ernannte der DVV die Schwäbinnen doch zum Nationalteam. Bei der WM können auch Borger/Kozuch den Verbands-Service nutzen.
Mit dem Stützpunktprojekt verfolgt der Verband nachvollziehbare Ziele. «Um die Qualität der Frauenteams mittelfristig zu sichern, ist die Zentralisierung der einzig gangbare Weg», erklärte DVV-Vizepräsident Andreas Künkler. «Neben den sportlichen Vorteilen können sich die Teams durch die Zentralisierung komplett auf ihren Sport konzentrieren.» Trainer müssen nicht mehr selbst bezahlt werden, viel organisatorische Arbeit fällt weg.
Allerdings übertrieb es der DVV bei der Umgestaltung – bisher organisierten sich alle deutschen Teams selbst – offenbar mit dem Tempo. Auch um die Vorgaben des Deutschen Olympischen Sportbundes und des Innenministeriums in Sachen Leistungssportreform zu erfüllen.
Laura Ludwig ist gespalten: «Es ist schwer. Es gibt generelle Veränderungen beim DOSB. Und unser Verband versucht, einen Weg zu gehen, den der deutsche Beachvolleyball einfach braucht.» Allerdings habe sie manchmal das Gefühl, dass dies gleich «von Null auf Hundert» passiert. «Da sind bestimmt nicht alle Konsequenzen bedacht worden», bemerkte die Olympiasiegerin.
(dpa)