WM 2022 und XXL-Club-WM: Infantinos neue Fußball-Welt

Miami – Dünnhäutigkeit darf sich Reinhard Grindel auf dem internationalen Fußball-Parkett nicht erlauben. Begleitet von Schlagzeilen über sein abrupt abgebrochenes TV-Interview startet der DFB-Präsident in die richtungsweisende Sitzung der FIFA-Regierung im sommerlichen Miami.

Von einer grundlegenden Blockadehaltung der Europa-Kritiker von Weltverbandschef Gianni Infantino gegen dessen Lieblingsprojekte war dabei vorab aber ohnehin keine Rede mehr: Für die geplante Vergrößerung der Club-WM sind noch Detailfragen wie die Anzahl der Europa-Teilnehmer zu klären und die XXL-WM 2022 mit 48 Teams in mehreren Ländern dürfte endgültig auf den Weg gebracht werden.

«Eine WM-Teilnahme ist der Traum vieler Länder auf der Welt und ein großer Schub für den Fußball dort. Deshalb kann ich schon nachvollziehen, dass viele Verbände in der FIFA das 48er Format wollen», sagte Grindel der Deutschen Presse-Agentur vor der Sitzung des FIFA-Councils im noblen Ritz Carlton Hotel über den Plan, die Zahl der Mannschaften bei der an Katar vergebenen WM 2022 zu erhöhen. «Das dürfen wir nicht nur durch die deutsche Brille sehen.»

Doch die sehr konkreten Pläne für immer mehr Fußball spielen natürlich auch deutschen und europäischen Interessen in die Karten. Bei einer Weltmeisterschaft mit 48 statt 32 Teams würden sich 16 statt 13 Mannschaften aus der Europäischen Fußball-Union UEFA qualifizieren. Mögliche Sorgen über eine Qualifikation der zuletzt aus der Nations League abgestiegenen DFB-Auswahl von Joachim Löw wären damit deutlich geringer. «Italien, Niederlande, Chile oder die USA waren bei der letzten WM nicht dabei. Insofern muss eine größere WM nicht automatisch qualitativ schlechter sein», sagte Grindel.

Das Council könnte nun den Weg für einen endgültigen Beschluss des FIFA-Kongresses am 5. Juni bereiten. Größter Knackpunkt bleibt aber weiterhin, welche weiteren Gastgeber neben Katar für das Weltturnier in knapp vier Jahren einspringen. Eine Machbarkeitsstudie der FIFA hält die Ausweitung grundsätzlich für möglich. Dafür wären aber zwei bis vier zusätzliche Stadien in einem oder zwei weiteren Ländern notwendig.

Die Hoffnung von Infantino, dabei seinen Wunsch-Kandidaten Saudi-Arabien durchzubringen, werden derzeit noch von der diplomatischen Krise am Golf gedämpft. Auch Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate boykottieren Katar diplomatisch, so dass aktuell die politisch neutralen Oman und Kuwait die aussichtsreichsten Kandidaten wären. Es müsse gewährleistet sein, «dass in einem Land, das Co-Ausrichter der WM sein will, keine Sanktionen herrschen dürfen, die Fans, Journalisten und Teams in ihren Freiheiten einschränken», betonte Grindel.

Kurz vor seinem Abflug in den US-Sonnenscheinstaat Florida zur FIFA-Sitzung sorgte ein Video für Wirbel, in dem der Chef des Deutschen Fußball-Bundes ein Interview der Deutschen Welle verließ. Nach ausführlichen Antworten über Inhalte des FIFA-Treffens brach Grindel das Gespräch nach mehreren Fragen zur Global Nations League und der ominösen Investoren-Offerte von 25 Milliarden US-Dollar ab.

Von wem das dort angesprochene Angebot für die Vermarktung neuer Wettbewerbe stammt, hat Infantino immer noch nicht offengelegt. Fürs erste ist die unmoralisch anmutende Summe ohnehin wohl erstmal vom Tisch, da eine mögliche Einführung einer Global Nations League zumindest in Miami nicht zur Debatte steht.

Allerdings sollen die Council-Mitglieder weiterhin einer Club-WM mit 24 statt bislang sieben Teilnehmern zustimmen, die als Pilotprojekt im Sommer 2021 den bisherigen Confederations Cup ersetzen soll. Es sei positiv, dass dabei «das Geld im Kreislauf des Fußballs» bleibe, sagte Grindel. Offen sei unter anderem, wie oft die Club-WM gespielt würde und wie die Verteilung der Einnahmen aussähe. «Deshalb ist es für eine abschließende Bewertung noch zu früh.»

Das Turnier würde mit acht Dreiergruppen ausgetragen, die Sieger zögen jeweils ins Viertelfinale ein. Ursprünglich wollte die FIFA zwölf europäische Teams dabei haben. Dies stieß aber auf Protest aus der UEFA, die den Wettbewerb so als Konkurrenz zur lukrativen Champions League einstufen würde. UEFA-Chef Aleksander Ceferin bezeichnete den Wettbewerb als Weg zu einer ungewollten Super League und äußerte seine Bedenken wegen der unbekannten Investoren.

So könnte es auf ein Modell mit acht Europavertretern bei 24 Teilnehmern hinauslaufen. Aus Deutschland wäre somit aktuell nur der FC Bayern dabei, die genauen Kriterien müssen aber noch bestimmt werden. Die neue, immer größere Fußballwelt wird auch nach der FIFA-Sitzung in Miami für reichlich Debatten sorgen.


(dpa)

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