Winter-Olympia für Südkoreaner noch eine unbekannte Welt

Pyeongchang – Geschäftsmann Son Yong-Mok wirkt etwas mürrisch. «Ski and Board» steht über der Tür seines kleinen Ladens am Eingang der Olympic-ro, der Olympia-Straße von Hoenggye.

Nur wenige Meter entfernt vom Hauptquartier des Organisationskomitees der Olympischen Winterspiele 2018 laufen Absatz und Ausleihe von Snowboards und Ski nicht besonders, obwohl die Sonne strahlt und die herrlichen Berge von Alpensia nicht weit entfernt sind. «Im nächsten Jahr wird es besser, dann kommen die Touristen», hofft Mr. Son, der kaum 100 der nur 25 000 Won (22 Euro) kostenden Plastik-Schlitten in diesem Winter an den Mann gebracht hat.

So wie er hoffen viele Südkoreaner auf Olympia, hier in der dünn besiedelten und strukturschwachen Provinz Gangwon nahe der Grenze zu Nordkorea. Aber eine Begeisterung oder gar Euphorie ist trotz zunehmender Zahl von Werbetafeln nicht zu verspüren. Gähnend leer präsentierte sich das Gangneung Olympic Oval bei den Eisschnelllauf-Weltmeisterschaften, wenn nicht gerade eine Koreanerin mit Platzierungschancen lief. Kaum jemand war trotz freien Eintritts neugierig auf die nagelneue Arena, die 103 Millionen Euro kostete.

Ähnlich trübe war die Stimmung beim Langlauf, dem Springen oder der Nordischen Kombination, wo wenige Dutzend ausländische Besucher an Strecken und Schanzen die einzigen Interessenten waren. Auf etwas mehr Resonanz dürfen die Organisatoren beim Snowboard Test Event hoffen, das vielleicht die Jugend eher interessiert. Und beim Shorttrack geht in Südkorea ohnehin die Post ab. 30 000 Besucher füllten die riesige Speed Skating Arena an drei Weltcuptagen.

«Man muss zugeben, das Interesse am Wintersport ist in Korea nicht so groß wie in Europa. Wir tun aber alles, was in unserer Macht steht, um das zu ändern», sagt Yeo Hyung Koo, der Generalsekretär des Organisationskomitees POCOG, der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist mein größter Wunsch, dass wir im verbleibenden Jahr einen Boom für den Wintersport in unserem Lande auslösen.»

Man wolle die restlichen Test-Wettkämpfe nutzen, um den Wintersportgedanken in der Bevölkerung zu verankern. Zum Beispiel mit Liveshows oder Festivals. «Wir nutzen Kultur-Veranstaltungen und strahlen Animationsfilme in den Kinos aus. In Einkaufszentren stellen wir Liveboards auf, mit denen Menschen mal virtuell eine Abfahrt oder die Bobbahn herunter fahren können», berichtet Yeo. Helfen soll das Gesicht des früheren Eiskunstlauf-Stars Kim Yu Na. Sie winkt als Botschafterin von jedem Olympia-Plakat. «Wir müssen auf jeden Fall noch mehr tun», versucht POCOG-Präsident Lee Hee Beom, seine Mitarbeiter anzustacheln.

Natürlich strahlen die Organisatoren Zuversicht aus, dass sie im verbleibenden Jahr bis zur Eröffnung der Spiele am 9. Februar 2018 mit ihren PR-Bemühungen Erfolg haben. Schließlich hoffen sie, mindestens 90 Prozent der 1,18 Millionen Tickets an den Mann zu bringen, 70 Prozent davon im eigenen Lande. Durch den Kartenverkauf sollen 143 Millionen des Budgets von 11,2 Milliarden Euro refinanziert werden. Um dem mangelnden Wintersport-Interesse zu begegnen, werden die Hälfte der Tickets weniger als 80 000 Won (66,50 Euro) kosten.

Als Motivation dient immer wieder Seoul 1988, als sich im Land zu den Sommerspielen eine ungeahnte Euphorie breit machte. Doch der Winter ist für die Südkoreaner eher das unbekannte Etwas, an das man sich erst herantasten muss.

Zudem hat der Korruptionsskandal um eine Vertraute von Staatspräsidentin Park Geun Hye negative Auswirkungen auf das Stimmungsbild im Land. «Das hat den Boom schon beeinträchtigt», räumt Yeo ein. Auch Präsident Lee hatte zugegeben, dass Olympia bei bestimmten Bauprojekten Ziel von Korruption gewesen sei. Kein Wunder also, dass viele Südkoreaner noch skeptisch nach Pyeongchang blicken.


(dpa)

(dpa)