Weltmeister reisen zur WM: Abflug bei Schmuddelwetter

Frankfurt/Main – Das Unternehmen Titelverteidigung ist gestartet. Joachim Löw und seine 23 WM-Spieler schritten bei Schmuddelwetter über einen grünen Teppich in den WM-Charter.

Mit dem legendären «Siegerflieger» waren der Bundestrainer und seine Weltmeister vor vier Jahren aus Brasilien zurückgekehrt, mit dem Gold-Logo auf dem «Mannschaftsflieger Fanhansa» hob das deutsche Nationalteam am Vormittag mit etwa einer halben Stunde Verspätung nach Russland ab. Das klare Ziel: Wieder mit dem WM-Pokal zurückkommen. Neben einem Vertrauensvorschuss der Bundesbürger nahmen Löw und seine Auswahl aber auch Skepsis und Misstöne mit in die Chartermaschine LH 2018.

«Die Mannschaft ist in ihrer taktischen Reife und technischen Qualität hoch entwickelt», erklärte der Bundestrainer. Das müsse sie nun ab dem ersten Gruppenspiel am Sonntag (17.00 Uhr) gegen Mexiko im Moskauer Luschniki-Stadion auch auf den Platz bekommen. Am 15. Juli will der Bundestrainer ebendort den historischen WM-Wiederholungssieg feiern. «Die Details müssen stimmen, daran müssen wir arbeiten», sagte Löw der Deutschen Presse-Agentur.

Flughafenmitarbeiter und Stewardessen standen zum Abschied noch Spalier. Im Airbus A321 war alles bestens vorbereitet für den Zweieinhalb-Stunden-Flug gen Osten. Auf den Kopfstützen waren sogar die Namen von Thomas Müller und seinen Kollegen eingestickt. Löw konnte entspannt auf seinem Sitz in der ersten Reihe Platz nehmen, DFB-Kapitän Manuel Neuer direkt dahinter. Wenige Stunden vor dem Abflug hatte sich eine Delegation um Neuer und Teammanager Oliver Bierhoff noch in der Verbandszentrale in Frankfurt verabschiedet. Die DFB-Mitarbeiter trugen WM-Trikots, Neuer stimmte La Ola an.

Das Gemeinschaftsgefühl sollte noch einmal betont werden, nach einer keinesfalls reibungslosen Vorbereitung und den Dauer-Misstönen um die Fotos vom Ilkay Gündogan und Mesut Özil mit Türkei-Präsident Recep Tayyip Erdogan. «Ich mache mir weniger Sorgen generell um die Mannschaft, sondern eher um die beiden Spieler. Es beschäftigt Mesut und Ilkay schon sehr», sagte Bierhoff der «Bild»-Zeitung.

Die Testspiel-Niederlage gegen Österreich (2:1) und die auffälligen Defizite gegen den krassen WM-Außenseiter Saudi-Arabien (2:1) haben Löws grundlegende Zuversicht allerdings nicht geschmälert. «Die Grundidee steht. Wir müssen uns nicht über unsere Spielweise Gedanken machen», erklärte der Weltmeister-Coach selbstbewusst.

Die neun Spieler, die als WM-Sieger von 2014 mit im DFB-Charter in die russische Hauptstadt flogen, sollen das neue Team anführen. «Es ist die große Herausforderung und der Reiz, den WM-Titel zu bestätigen, die Emotionen dieses Triumphes noch einmal zu haben», sagte Löw.

Ein Großteil der Deutschen glaubt daran, dass es der Bundestrainer in Russland noch einmal hinbekommt. Bei einer Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, die vor dem letzten WM-Test gegen Saudi-Arabien stattfand, glaubten 32 Prozent der Befragten an einen Triumph des DFB-Teams im Moskauer Finale. Nur zwei Prozent rechnen mit einem historischen Scheitern schon in der Gruppenphase. 28 Prozent gehen davon aus, dass die Mannschaft das Halbfinale erreicht.

Nach der Landung in Moskau Wnukowo um etwa 17.00 Uhr Moskauer Zeit – plus eine Stunde zur deutschen Zeit – sollte es ins Teamquartier nach Watutinki rund 40 Kilometer südwestlich vom Herzen Moskaus gehen. Dort ist auch der WM-Trainingsplatz – sonst das Übungsgelände von ZSKA Moskau.

«Da geht es um den Feinschliff und die Einstellung auf den Gegner», berichtete Löw über die Hauptaufgaben der nächsten Tage: «Wir werden uns intensiv mit Mexiko beschäftigen, denn das ist ein unbekannter Gegner für die meisten Spieler. Auch sehr unbequem.»

Die weiteren Partien in der Gruppe F finden am 23. Juni (20.00 Uhr) in Sotschi gegen Schweden und am 27. Juni (16.00 Uhr) gegen Südkorea statt. Deutschland kam bei den bisherigen Versuchen, die WM-Titel zu verteidigen, nur 1958 bis ins Halbfinale. 1978 war mit der Schmach von Cordoba in der Zwischenrunde Schluss, 1994 endete der WM-Traum in New York im Viertelfinale gegen Bulgarien. 2018 soll diese Negativserie enden.


(dpa)

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