London – Mit einem Brillanten im Ohr und im feinen grauen Anzug samt Krawatte und Sonnenbrille stieg Cristiano Ronaldo in den Flieger gen Skopje. Aber nicht nur wegen seines modischen Outfits waren alle Augen auf den Superstar von Champions-League-Sieger Real Madrid gerichtet.
Vor dem europäischen Supercup gegen den Europa-League-Sieger Manchester United am Dienstag beherrscht der portugiesische Weltfußballer wieder einmal die Schlagzeilen: Von den Vorwürfen der Steuerhinterziehung über die Geburt seiner Zwillinge bis hin zu den Spekulationen über eine Rückkehr nach England.
Dass Ronaldo die erste Reise der Saison gleich ein Wiedersehen mit seiner Vergangenheit beschert, entbehrt dabei nicht einer gewissen Brisanz. Denn angeblich soll Ronaldo – so verbreitete es der Radiosender Cadena Ser – vor Gericht gesagt haben, dass er zukünftig wieder gern in England spielen würde. Und da wäre sicher ManUnited erster Ansprechpartner. Schließlich spielte der 32-Jährige von 2003 bis 2009 für den englischen Rekordmeister und erzielte in 292 Spielen immerhin 118 Tore.
Ob der Stürmer beim Gipfeltreffen zum Einsatz kommt, ist aber aufgrund seines Trainingsrückstands eher fraglich. Im 24-köpfigen Aufgebot von Coach Zinédine Zidane steht er jedenfalls, ebenso wie Weltmeister Toni Kroos, Sergio Ramos und Gareth Bale. «Ronaldo will spielen», schrieb die Sportzeitung «Marca» am Montag. «Aber wahrscheinlicher ist es, dass Zidane ihn für Sonntag schonen will, wenn das Hinspiel des spanischen Supercups gegen den FC Barcelona ansteht.» Nach 37 Urlaubstagen habe der Superstar erst zwei Trainingseinheiten mit seinen Mannschaftskollegen absolviert.
Spurlos dürften die aufreibenden letzten Wochen ohnehin nicht an Ronaldo vorbeigegangen sein. Die spanischen Behörden werfen ihm vor, 14,7 Millionen Euro Steuergelder am Fiskus vorbeigeschleust zu haben. Eine erste Anhörung zu der Affäre liegt gerade einmal eine Woche zurück: Am 31. Juli musste sich der Superstar vor einer Richterin zu den Vorwürfen äußern – sein bisher «härtester Tag», wie es «Marca» formuliert hatte.
Auch wenn er dabei die Anschuldigungen zurückwies und beteuerte, er habe sich stets auf seine Berater verlassen, so steht für ihn doch viel auf dem Spiel. Im Falle einer Verurteilung droht «CR7» eine mehrjährige Haftstrafe. Ein Radiosender berichtete, während der Anhörung habe er zum wiederholten Mal erklärt, Spanien verlassen und nach England zurückkehren zu wollen. «In England hatte ich nie solche Probleme», wurde Ronaldo zitiert. Ein Aufschrei ging durch Spanien.
Der Mann aus Madeira soll verärgert sein über seinen Club und ihm nach dem Bekanntwerden der Steueraffäre mangelnde Unterstützung vorgeworfen haben. Die Gerüchteküche brodelt – auch wenn Real-Präsident Florentino Pérez in mehreren Interviews in Spanien klargestellt hatte: «Ronaldo ist Spieler von Real Madrid und wird das bleiben.» Erst im November 2016 hatte der Portugiese seinen Vertrag beim Rekordmeister bis 2021 verlängert.
Neben dem Stürmerstar steht in Skopje noch ein anderer im Zentrum des Interesses: José Mourinho, der Ex-Coach von Real Madrid (2010 bis 2013). Zwar betonte er: «Ich sehe Real nicht als mein ehemaliges Team. (…) Ich sehe Real Madrid als das, was es ist, ein großer Club, die europäischen Champions, und es ist ein großer Ansporn für uns, gegen sie zu spielen.» Aber eine Herausforderung, das ist diese Partie schon, oder mit Mourinhos Worten, «eine fantastische Gelegenheit, gegen das beste Team in Europa zu spielen».
Beide Teams waren erst jüngst auf der USA-Tour in Santa Clara in einem Freundschaftsspiel aufeinandergetroffen – allerdings ohne Ronaldo. Damals gewann ManUnited im Elfmeterschießen. Im UEFA-Superpokal hat Real Madrid eine gute Bilanz vorzuweisen: Zum mittlerweile sechsten Mal spielen «Los Blancos» um den Titel, drei Mal holten sie ihn (2002, 2014 und 2016). Manchester war erst einmal (1991) erfolgreich.
(dpa)