Aachen – Sprünge in den Handstand, mehrfache Schrauben, zum Schluss ein Salto mit Landung auf einem Bein. Schon das Aufwärmprogramm von Patrick Hausding auf dem Trampolin hat es in sich. Und das muss es auch.
Schließlich bereitet sich der Olympia-Bronzemedaillengewinner von Rio de Janeiro im Wasserspringen auf eine Saison mit Weltmeisterschaften und Europameisterschaften vor. Sechsmal pro Woche wird trainiert, bis zu sechseinhalb Stunden täglich. Der Saisonhöhepunkt? «Die WM, auf jeden Fall!» Bei den nationalen Titelkämpfen will Hausding ab Donnerstag in Aachen die Qualifikation für das Highlight im Juli in Budapest schaffen.
«Die Qualifikation ist das vorrangige Ziel», bestätigt auch Christoph Bohm der Deutschen Presse-Agentur beim Training am Olympiastützpunkt Berlin Anfang Mai. Der 33-Jährige ist seit vergangenem September Hausdings neuer Trainer und macht die Saison für den erfahrenen Athleten zu einer ganz besonderen. Zuvor wurde Hausding 17 Jahre lang von Jan Kretzschmar trainiert, der Ende des Jahres in Rente geht.
Hausding und Bohm – Sportler und Coach verbindet weit mehr als das Arbeitsverhältnis. «Wir sind sehr gut befreundet», sagt Hausding. Was das für die täglichen Übungseinheiten bedeutet, zeigt sich nur wenige Minuten später.
«Hallo?», Hausding reißt in der Pause seines Warmmachprogramms ein Stück gelbes Polster von einem Holzkasten ab und hält es an sein Ohr. «Du darfst nicht lachen», fordert er Bohm auf. Doch der Trainer ist chancenlos: Hausdings Imitation eines Handy-Telefonats entlockt ihm erst ein Grinsen, dann prustet er los. Challenge verloren.
Blödeleien, Witze und gegenseitiges Ärgern ziehen sich durch die gesamte Trainingseinheit. Eine Gefahr für die Konzentration und ernsthafte Vorbereitung? Bohm sieht das nicht so. «Du kannst deine beste Leistung nur erzielen, wenn du glücklich bist und dich wohlfühlst», sagt er.
Was er damit neben Scherzen und lockerem Umgang noch meint, zeigt sich, als es nach ausgiebigem Aufwärmen aus der Trockenhalle in die Schwimm- und Sprunghalle geht. Bohm kommentiert jeden Sprung seines Athleten, lobt viel, stellt immer wieder heraus, was gut geklappt hat. Er sagt: «Ich bin eher so der positive Typ, nicht so der Drucktyp.»
Damit die Saison für Hausding erfolgreich wird, muss allerdings nicht nur die Psyche mitmachen, sondern auch der geschundene Körper. Vor allem die Schultern machen dem Stabsunteroffizier immer wieder zu schaffen. «Die Schultern waren anfangs der Saison ziemlich problematisch, und es war schwer, wieder reinzukommen ins Training», erklärt Hausding. Momentan komme er aber «gut über die Runden», auch wenn sich die vielen Sportlerjahre bemerkbar machten. «Wenn es auf die harten Wettkämpfe zugeht, nehm‘ ich halt auch mal ’ne Schmerztablette.»
Ob er in einem der härtesten Saisonwettkämpfe wieder mit seinem Erfolgspartner Sascha Klein vom Zehn-Meter-Turm springt, ist noch offen. Klein, mit dem Hausding vor vier Jahren bei der WM in Barcelona Gold holte, hat noch kein Go für einen Start dort gegeben. «Er wird sich da demnächst entscheiden», sagt Hausding.
Auch ohne Klein hätte Hausding jedoch genug Ziele: «Der Fokus liegt immer auf den olympischen Disziplinen, und da ich ja letztes Jahr Bronze bei Olympia gewonnen habe, ist natürlich Drei-Meter-Einzel auch mein Wettkampf mit den höchsten Ambitionen.» Daneben sei aber auch das Drei-Meter-Synchronspringen reizvoll, «und vielleicht Ein-Meter». Auch wenn letzteres nicht olympisch ist. Für Erfolge wird weiter fleißig trainiert – und gelacht.
(dpa)