Hoffenheim – Mit Jungspund Julian Nagelsmann hat RB Leipzig einen idealen Cheftrainer verpflichtet. Er passt perfekt ins Profil des Fußball-Bundesligisten – auf und neben dem Spielfeld.
Doch der Dienstantritt des 30-Jährigen, der 1899 Hoffenheim nach der Saison 2018/2019 verlässt, ist erst im kommenden Sommer. Findet der Euro-League-Teilnehmer aus Sachsen eine Zwischenlösung? Muss Sportdirektor Ralf Rangnick wieder ran oder kommt Nagelsmann doch noch eher? Die Deutsche Presse-Agentur erklärt die dringendsten Fragen um die Causa Nagelsmann.
Warum verkündete Nagelsmann schon so früh seinen Wechsel?
Der 30-Jährige wollte ohne Störfeuer in die für ihn durch die Champions-League-Teilnahme besondere und letzte Saison bei der TSG gehen. In der abgelaufenen Spielzeit war er oft mit Spekulationen über einen vorzeitigen Abgang nach München, Dortmund oder Madrid konfrontiert. Das belastete auch das Binnenklima bei Hoffenheim. Deshalb sei er es dem Team und den Fans schuldig, diese «historische Spielzeit» mit dem Start in der Königsklasse nicht durch ständige Mutmaßungen um seine Person erneut zu belasten, sagte Nagelsmann.
Ist diese ungewöhnlich langfristige Ankündigung des Weggangs nur ein Trick, um den Widerstand von Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp gegen eine Trennung schon in diesem Jahr zu überwinden?
Nagelsmann hat eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag vereinbart, die ihm einen Vereinswechsel erst 2019 möglich macht; sein Kontrakt hat eine Laufzeit bis 2021. Als er vom BVB umworben wurde und dort schon in der Saison 2018/19 den Cheftrainerposten übernehmen sollte, hat Hopp dem Vernehmen nach sein Veto eingelegt. Glaubhaft ist aber auch, dass der Erfolgscoach nicht aus Kalkül handelt, sondern ein ungewöhnliches Zeichen setzen will, wie er selbst sagte: «In der Branche wird immer Ehrlichkeit verlangt. Die haben wir bewiesen und ich erwarte, dass dies respektiert wird.»
Wie werden Fans und Verantwortlichen von 1899 Hoffenheim reagieren, wenn es in seiner Abschiedssaison nicht so läuft wie gewünscht?
Eine Jobgarantie wird Nagelsmann auch oder gerade in dieser Situation nicht haben. Dass er nach seiner Ankündigung nun als «lahme Ente» an Autorität und Durchsetzungsvermögen verlieren wird, muss nicht zwangsläufig so sein. Erich Ribbeck, der im November 1987 ankündigte, Bayer Leverkusen zum Saisonende zu verlassen, gewann im Mai 1988 mit dem Werksclub den UEFA-Pokal.
Warum wechselt Nagelsmann zu Kontrahent RB Leipzig, der sich sportlich zuletzt auf einem ähnlichen Niveau wie die TSG bewegte?
Im Februar 2016 übernahm er den Trainerjob als jüngster Bundesligacoach der Geschichte und rettete Hoffenheim vor dem Abstieg. In der Saison danach führte er 1899 in die Europa League und zuletzt erstmals in die Champions League. Dabei musste er immer wieder den Verkauf von zentralen Spielern hinnehmen und einen Neuaufbau betreiben. Beim Red-Bull-Club dürfte er die Finanzmittel erhalten, um eine Spitzenmannschaft formen zu können.
Warum wartet Leipzig so lange auf die Verkündung des Trainers für die kommende Saison?
Sportdirektor Ralf Rangnick hat nach der vorzeitigen Trennung von Chefcoach Ralph Hasenhüttl fast das halbe Funktionsteam verloren. Auch Co-Trainer Zsolt Löw bat um Vertragsauflösung und geht zu Thomas Tuchel nach Paris. Psychologe Sascha Lense ist bereits weg. Athletiktrainer Nicklas Dietrich wurde zum Deutschen Fußball-Bund verabschiedet. Auch die Scoutingabteilung um den neuen Chef Paul Mitchell hat komplett gewechselt. Vorstandschef Oliver Mintzlaff verteidigte die vielen Wechsel: «Stagnation gibt es bei uns nicht.» Zudem ist es möglich, dass Nagelsmann ab nächsten Sommer seine komplette Entourage mitbringt.
Kann Rangnick für ein Jahr eine Toplösung präsentieren oder muss er wie 2015 erneut selbst ran?
Der Club will die Zwischenlösung erst vor dem Trainingsauftakt am 9. Juli präsentieren, kurz vor dem ersten Pflichtspiel von RB in der 2. Qualifikationsrunde der Europa League. Insider gehen davon aus, dass die von Mintzlaff betitelte 1a-Lösung – wenn damit nicht Nagelsmann gemeint war – erneut Rangnick heißt. Aber auch der Amerikaner Jesse Marsch von den New York Red Bulls wäre eine Zwischenvariante.
(dpa)