Rennes – Ihre Spielerinnen hatten frei, doch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg musste arbeiten.
Und obwohl sie nach eigener Aussage immer schlecht schläft, wenn sie bei einem Turnier ist, wirkte die 51-Jährige bei der DFB-Pressekonferenz im Team-Hotel «Domaine de Cicé-Blossac» entspannt und zuversichtlich.
Druck empfinde sie eigentlich kaum. «Das hat ganz viel damit zu tun, dass ich der Mannschaft vertraue», sagte sie lächelnd. Im Viertelfinale am Samstag (18.30 Uhr) in Rennes ist Schweden der Gegner. Sie erwarte eine «Partie auf Augenhöhe», in der Kleinigkeiten entscheiden, betonte die Bundestrainerin mehrfach.
Voss-Tecklenburg sieht bei den Skandinavierinnen einige Stärken, hat aber bei ihrer Analyse auch Schwächen bei schnellen Gegenangriffen ausgemacht. «Ich glaube, wenn wir mit unserem Tempospiel nach vorne kommen, sind die Schwedinnen verwundbar», sagte sie. «Das wollen wir natürlich für uns nutzen.»
Zudem glaubt die Bundestrainerin, dass die Schwedinnen auch etwas Respekt haben – schließlich ging die DFB-Elf aus den jüngsten Aufeinandertreffen als Sieger hervor – etwa im Testspiel im April oder im Finale der Olympischen Spiele 2016, die beide mit 2:1 für Deutschland endeten.
Ein psychologischer Vorteil könnte auch die Rückkehr von Spielmacherin Dzsenifer Marozsan sein, die den Schwedinnen vor sechs Jahren eine traumatische Niederlage zugefügt hatte. Im Halbfinale der Europameisterschaft 2013 in Schweden erzielte sie den Treffer zum 1:0, der das Aus für die Gastgeberinnen bedeutete. Deutschland gewann danach seinen achten EM-Titel.
Nach ihrem Zehenbruch zum WM-Auftakt ist Marozsan wieder eine Option. Allerdings ließ Voss-Tecklenburg offen, ob die 27 Jahre alte Spielmacherin in der Startelf steht. Man müsse sehen, wie der Zeh auf die Belastung reagiere, wenn Marozsan ins spieltaktische Training einsteige. «Wir werden vielleicht erst am Samstag entscheiden, ob es die Option Dzsenifer Marozsan von Beginn an gibt oder ob wir die Option erst im Laufe des Spiels ziehen wollen», betonte die Bundestrainerin. Und ließ damit auch den Gegner im Unklaren.
Wie die Mannschaft den Ausfall von Marozsan seit dem Auftaktspiel kompensiert habe, ist für Voss-Tecklenburg auch ein Indiz für den intakten Mannschaftsgeist. «Das haben wir als Team geschafft, das hat das Team weiter zusammengebracht.»
Für die weitere Entwicklung der Mannschaft und des Frauenfußballs in Deutschland ist es aus Sicht der Bundestrainerin wichtig, dass sich die DFB-Auswahl als eines der drei besten europäischen Teams für Olympia qualifiziert. Nur so könne die junge Mannschaft weitere Erfahrungen auf Top-Niveau sammeln und den begonnenen Lernprozess fortführen. Die WM in Frankreich und ihre Wahrnehmung verschaffe dem Frauenfußball sicher eine gewisse Nachhaltigkeit. «Aber natürlich wird das auch davon abhängen, wie weit wir jetzt noch kommen werden», fügte sie schmunzelnd an.
Für Dienstag war kein Training angesetzt, die Spielerinnen konnten sich den Tag frei einteilen. «Langeweile kommt nicht auf», versicherte Voss-Tecklenburg augenzwinkernd. «Denn wenn die Spielerinnen nicht wissen, was sie machen sollen, macht die Trainerin Videoanalyse.» Für den Abend stand als gemeinsamer Termin ein Besuch der Achtelfinal-Partie Niederlande gegen Japan im Roazhon Park in Rennes auf dem Programm. «Darauf freuen sich alle Spielerinnen ganz besonders», betonte «MVT».
Dort spielt auch die deutsche Elf am Samstag um den Einzug ins Halbfinale. Die fokussierte Vorbereitung auf das Schweden-Spiel startet für das Team dann am Mittwoch, für die Trainerin hat sie schon längst begonnen.
(dpa)