Vom «Erstrunden-Schluckauf» gequält: Federer unter Druck

London – Die Erinnerung an das vergangene Jahr stimmt Roger Federer zumindest ein bisschen zuversichtlich. Damals verlor der Tennis-Altmeister aus Basel bei den ATP Finals der acht Jahresbesten auch sein Auftaktspiel und schaffte es mit zwei Siegen danach doch noch in das Halbfinale.

In der 2019er-Auflage jedoch scheint die Ausgangslage weitaus verzwickter für den 38-Jährigen. Nach der schmerzhaften 5:7, 5:7-Niederlage gegen den Österreicher Dominic Thiem lastet erheblicher Druck auf Federer. Von theoretischen Rechenspielen einmal abgesehen, darf er sich keine weitere Niederlage mehr leisten. «Ab jetzt ist es ein normales Turnier, bei dem du nicht mehr verlieren darfst», sagte Federer.

Gegen den italienischen Turnier-Debütanten Matteo Berrettini ist er am Dienstag trotz mancher irrlichternder Schläge im Match gegen Thiem klar favorisiert. Doch im dritten und letzten Gruppenspiel wartet dann Novak Djokovic. Der Serbe deklassierte in seiner Auftaktpartie Berrettini 6:2, 6:1 und dürfte auf dem schnellen Hallenboden in der Londoner Entertainment-Arena der schwerste Kontrahent überhaupt sein. In der Form von Sonntag sieht es für Federer mit einer Revanche für das epische Wimbledon-Finale, das er gegen Djokovic in fünf Sätzen nach zwei vergebenen Matchbällen verloren hatte, düster aus.

Sichtbar mies gelaunt war Federer am späten Sonntagabend daher zur Presserunde geeilt, nur wenige Minuten nachdem French-Open-Finalist Thiem seinen Matchball verwandelt hatte und bei spektakulärer Lichtershow und wummernder Musik aus der Halle ausgezogen war. «Thiem hat stark gespielt, und am Ende war mein Spiel einfach nicht gut genug», sagte der Gewinner von 20 Grand-Slam-Titeln und sechsmalige Champion der ATP Finals fast schon lapidar. Der «Erstrunden-Schluckauf» habe ihm zu schaffen gemacht. Mancher Return, der eine oder andere Aufschlag, einige Volleys – Federer spielte schlicht zu unkonstant gegen Thiem.

Bei einem Grand Slam kann so eine Leistung in Runde eins reichen, beim Kräftemessen der Elite eben nicht. 2:5 lautet Federers Bilanz nun gegen Thiem, der sich zu einer Art Angstgegner für den Schweizer gemausert hat. «Es bedeutet mir schon sehr viel, gegen so eine

Legende eine so gute Bilanz zu haben», gab Thiem unumwunden zu.

Der 26-Jährige will bei seiner vierten Teilnahme an den ATP Finals unbedingt erstmals in das Halbfinale, für Federer geht es beim 17. Start um den 16. Einzug in die K.o.-Runde. Fünfmal schon hat er seine Auftaktpartie verloren, nur einmal schied er danach in der Gruppenphase aus. Im Modus des sogenannten Round-Robin-Formats lauern Gefahr und Chance gleichermaßen. «Es fühlt sich so an, als ob man gegen Thiem fast zwingend gewinnen muss», hatte Federer prophezeit.

Da ihm dies nicht gelang, droht dem Weltranglisten-Dritten diesmal angesichts Djokovics Dominanz das frühe Aus. «Ich freue mich, dass ich eine weitere Chance habe», sagte Federer. «Eine Niederlage darf ich mir nicht leisten. Aber so ist es ja eigentlich seit 20 Jahren in jeder Woche des Jahres. Von daher ist das nichts Neues.»


(dpa)

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