VfB fehlt Erstliga-Klasse – Spuck-Attacke aus Frust

Stuttgart – Die Spuck-Attacke bildete den Tiefpunkt in all dem Stuttgarter Frust. Das schwache Auftreten beim 0:1 gegen Bayer Leverkusen zerrte an den Nerven.

Bei Santiago Ascacibar entlud sich die Anspannung in einem fatalen Aussetzer. Kurz vor Schluss spuckte der Argentinier in Richtung des Siegtorschützen Kai Havertz – und sorgte damit für einen Aufreger. «Solche Leute braucht man nicht in der Bundesliga», schimpfte Bayer-Fußballprofi Kevin Volland bei Sky.

Ascacibar bekam die Rote Karte und ließ sich nicht so schnell beruhigen. Schiedsrichter Tobias Stieler stellte sich dazwischen, doch der VfB-Profi griff Havertz noch ins Gesicht. «Wenn er ihn bespuckt hat, geht das gar nicht», sagte VfB-Coach Markus Weinzierl.

Der 44-Jährige wirkte noch mitgenommen, als er davon sprach, dass der Mittelfeldspieler dem VfB im Abstiegskampf einen Bärendienst erwiesen habe: «So etwas darf nicht passieren, auch wenn die Situation noch so unbefriedigend ist. Du musst deine Emotionen im Griff haben».

Ascacibar gilt als Kämpfer, der mit dem Herzen dabei ist, führt in der Bundesliga mit zehn Gelben Karten in dieser Saison aber auch eine unrühmliche Statistik an. Wie lange er nun aussetzen wird, dürfte Anfang der Woche bekannt werden. Das Abstiegsduell in Augsburg am Samstag muss der VfB ohne ihn gewinnen. «Fünf Spiele sollte er gesperrt sein», forderte Bayer-Torhüter Lukas Hradecky.

Auch Leverkusens Trainer Peter Bosz fand deutliche Worte. «Das ist das Schlimmste, was man machen kann», monierte er. Rudi Völler, der einst bei der WM 1990 vom Niederländer Frank Rijkaard selbst bespuckt worden war, hielt sich dagegen zurück. «Ich will da nichts provozieren. Stuttgart hat genug Probleme», sagte der seit Samstag 59 Jahre alte Bayer-Geschäftsführer Sport.

Die Probleme des VfB werden an den Zahlen deutlich. Aus den vergangenen 14 Spielen holte Stuttgart nur einen Sieg. Die 18. Niederlage am 29. Bundesliga-Spieltag verschärfte die Gefahr, am Saisonende direkt abzusteigen. Nur drei Punkte trennen die Schwaben vom Tabellen-17. Nürnberg. Die Chancen, die Relegation abzuwenden, sind auf maximal fünf Spiele geschrumpft. Und mit dem nun fünften Platzverweis macht sich das Team das Leben zusätzlich schwer. Nur das ebenfalls enttäuschende Schalke kam Samstag auf die gleiche Anzahl.

VfB-Präsident Wolfgang Dietrich schlug auf der Tribüne leidend die Hände vors Gesicht. Die Fans quittierten den Auftritt am Ende mit Pfiffen und forderten weiterhin den Abschied des Präsidenten. Mit dem neuen VfB-Sportdirektor Sven Mislintat will VfB-Sportvorstand Thomas Hitzlsperger die Zukunft planen. Ob die in der 2. Liga sein wird, ist offener denn je. Die Stuttgarter Offensive war vor 53 657 Zuschauern jedenfalls nicht erstligareif. «Defensiv strukturiert agieren, ist die Basis. Aber das reicht alleine nicht», klagte Weinzierl.

Insbesondere weil sich seine Elf mit individuellen Fehlern immer wieder selbst zermürbt. Der genesene Routinier Gonzalo Castro verursachte mit einem Foul an der Strafraumgrenze an Kevin Volland einen vermeidbaren Foulelfmeter. Havertz verwandelte cool zum einzigen Treffer des an Höhepunkten armen Spiels (64. Minute).

Mit seinem Platzverweis halste Ascacibar Trainer Weinzierl zudem ein weiteres Problem auf. Denn im defensiven Mittelfeld fehlen die Alternativen: Dennis Aogo und Kapitän Christian Gentner sind momentan verletzt. In Augsburg wird der Coach erneut umstrukturieren müssen. Die Partie bei den bayrischen Schwaben habe Endspiel-Charakter, warnte Weinzierl: «Wenn wir 15. werden wollen, müssen wir gewinnen.»


(dpa)

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