Abu Dhabi – Im Schatten der gigantischen Ferrari World sollen die Ansprüche von Sebastian Vettel und seiner Scuderia nicht mickrig wirken.
«Uns fehlt noch ein Sieg. Es wäre schön, wenn das klappen würde», meinte der viermalige Formel-1-Weltmeister auf die Frage, wie ein zufriedenstellender Abschluss dieser für den italienischen Rennstall ernüchternden Saison in Abu Dhabi aussehen könne.
Dass Ferrari ein Grand-Prix-Erfolg aber auch im Schlussakt 2016 vorenthalten bleiben dürfte, weiß Vettel selber. «Das ist ja kein Wunschkonzert hier», sagte er schmunzelnd auf dem piekfeinen Yas Marina Circuit, der neben dem mit mehr als 12 000 Tonnen Stahl erbauten Ferrari-Themenpark liegt. «Es liegt viel Arbeit vor uns. Wir sind hier, um zu kämpfen und bereit, alles zu geben.»
Vettel hat diese Sätze, so oder so ähnlich, sehr oft gesagt in diesem Jahr. An Ehrgeiz mangelt es dem fünften deutschen Formel-1-Fahrer in einem Ferrari überhaupt nicht. Alleine die nach einem verblüffenden Debütjahr ersehnten Entwicklungssprünge und Ergebnisse sind bei dem chronisch stolzen wie nervösen Traditionsteam nun ausgeblieben.
«Die Ergebnisse sind nicht gut genug, um Schritt zu halten», räumte Vettel ein. Der Speed sei bei seinem Dienstwagen einfach nicht vorhanden gewesen. «Trotzdem ist sehr, sehr viel passiert. Es hat sich sehr viel getan, es hat sich viel zum Guten geändert. Als Team sind wir deutlich weiter als vor einem Jahr, wir sind dieses Jahr extrem gewachsen und sollten nächstes Jahr stärker sein als dieses Jahr.» Das ist zumindest Vettels zuversichtliche Bestandsaufnahme.
Der Ist-Zustand besagt, dass der 29-Jährige seit 26 Rennen keinen Grand Prix mehr gewonnen hat. Vor dem Start am Sonntag (14.00 Uhr) ist sein letzter Sieg 434 Tage her. Eine so lange Durststrecke musste Vettel in der Formel 1 noch nie durchstehen. In der Fahrerwertung dieses Jahres ist der von Nico Rosberg und Lewis Hamilton weit abgehängte Heppenheimer außerdem nur Vierter – gerade einmal fünf Punkte vor Red-Bull-Youngster Max Verstappen.
Das sind nicht die Ansprüche von Ferrari und das sind vor allem auch nicht die Ansprüche von Fiat-Boss Sergio Marchionne. Sein Team soll Erfolg haben. Unter diesem Druck bleiben Spannungen nicht aus.
Sogar Risse im Verhältnis zwischen Vettel und Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene sollen zutage getreten sein. Auslöser dafür war auch ein Rat des Italieners an seinen deutschen Starpiloten. «Sebastian soll sich nur auf den Wagen konzentrieren», verfügte Arrivabene. «Er gibt soviel und manchmal bedeutet das, dass er ein bisschen an allem interessiert ist.» Manchmal müsse man Vettel aber wieder dahin bringen, «auf die Hauptaufgabe konzentriert» zu sein.
Spätestens nach Vettels Schimpftirade in Mexiko sah sich Arrivabene dann genötigt, nochmals deutlich Verbundenheit zu demonstrieren. So ein Wutanfall liege daran, dass der Hesse «alles in seinen Job» hineinlege, manchmal breche das aus. Ihr Verhältnis sei aber fantastisch. «Es basiert auf Ehrlichkeit», betonte Arrivabene, über dessen vorzeitige Ablösung längst spekuliert wurde.
2017 wird technisch ein Neuanfang in der Formel 1. Die Autos werden breiter und schneller. «Es gibt die Chance, einen größeren Schritt zu machen als andere. Diese Chance besteht für alle», sagte Vettel. Ferrari muss da schon einen Riesenschritt hinkriegen.
(dpa)