München – Diese offene Rechnung mit der Eintracht haben sie beim FC Bayern erst recht nicht vergessen. Und am Mittwoch (20.45 Uhr/ARD und Sky) ist der Moment gekommen, sie im direkten Duell mit den Frankfurter Cup-Spezialisten zu begleichen.
«Man erinnert sich noch immer an das Pokalfinale in Berlin, das wir verloren haben», sagte Manuel Neuer. Der Nationaltorhüter lenkte gleich nach dem jüngsten Ligasieg in Leverkusen den Blick auf den denkwürdigen 19. Mai 2018, als die Frankfurter mit einem 3:1 die Münchner Stars düpierten und im voll besetzten Olympiastadion zu bestaunten Pokalhelden wurden. Können die Hessen dieses Fußball-Märchen zwei Jahre später im Münchner Geister-Halbfinale wiederholen?
Fast alles spricht dagegen – bis auf die Unberechenbarkeit des Pokalwettbewerbes, dessen Geschichte voller Überraschungen ist. Aber Neuer, der 2018 nicht im Münchner Tor stand, hat bei der Revanche ein anderes Drehbuch vor Augen: «Wir wollen das jetzt nicht wieder erleben in der Allianz Arena. Wir wollen unbedingt ins Finale und die Möglichkeit haben, in Berlin wieder Pokalsieger zu werden.»
Der 4. Juli soll für Deutschlands Rekordchampion zu einem großen Tag in dieser verflixten Corona-Saison werden: Zum praktisch schon fixen 30. Meistertitel soll dann Pokalsieg Nummer 20 kommen. In der Summe – also 50 – würde das ein goldenes Münchner Titeljubiläum bedeuten.
Mit offenen Rechnungen kennen sich die Bayern bestens aus. Es ist erst zweieinhalb Wochen her, dass sie sich ebenfalls in der leeren Münchner Arena mit einem furiosen 5:2 gegen die Eintracht für das krachende 1:5 im letzten Spiel unter Ex-Trainer Niko Kovac in der Bundesliga-Hinrunde revanchierten. Es war der eindrucksvolle Beleg für die Entwicklung der Bayern unter Trainer Hansi Flick.
Kovac, auch das ist ein Teil der Bayern-Eintracht-Pokalgeschichte, hatte beim Frankfurter Triumph mit dem zweifachen Torschützen Ante Rebic als gefeierter Taktik-Fuchs auf der Eintracht-Bank gesessen.
«Keine Frage: Das ist die schwerste aller möglichen Konstellationen. Wir sind in einer absoluten Außenseiterrolle», sagte Fredi Bobic zur Halbfinal-Aufgabe, noch dazu ohne den gesperrten Filip Kostic. «Aber wir werden nichts herschenken und alles versuchen, um die Überraschung zu schaffen und unseren Traum vom Finale dennoch zu verwirklichen», versprach Frankfurts Sportvorstand. Torwart Kevin Trapp sprach aus, was dem Herausforderer in München gelingen muss: «Um Bayern zu schlagen, braucht man einen perfekten Tag.»
Die Bayern bewegen sich nach der Corona-Pause mit fünf Siegen und 17:4 Toren tatsächlich auf einem nahezu perfekten Niveau. «Es ist einfach ein geiles Gefühl, wie es läuft», schwärmte Leon Goretzka. Der neue Bayern-Leader verspürt einen hohen «Spaßfaktor» auf dem Fußballplatz und forderte: «Da müssen wir weitermachen.»
Neuer bekam sogar schon die Frage gestellt, ob der Bayern-Jahrgang 2020 der beste des Jahrzehnts sei? «Man kann nicht sagen, ob wir die besten Bayern aller Zeiten oder des Jahrzehnts sind. Wir haben schon super Mannschaften gehabt», antwortete der 34-Jährige, der schon 2013 zu den historischen Triple-Gewinnern unter Jupp Heynckes gehörte.
Für das Pokalfinale und die Aussicht aufs nächste Double oder sogar Triple würden die Bayern-Profis sogar eine Kürzung des Sommerurlaubs in Kauf nehmen. «Dann hätten wir eine Woche weniger Pause», sagte Flick mit Blick auf das Bundesliga-Ende am 27. Juni und das Endspiel eine Woche später in Berlin. Das «Beine hochlegen», so Flick, müsste im Juli also kürzer ausfallen. Grund: Im August soll vermutlich mit einem Turnier die Champions League zu Ende gespielt werden.
(dpa)