Ulm plötzlich Titelkandidat Nummer eins

Bamberg – Die Ulmer Gala in der Bamberger Basketball-Festung war gerade einmal ein paar Minuten her, da begann bereits der Kampf der Worte um die Bedeutung des beeindruckenden Sieges der Schwaben.

«Ulm hat heute eine Schlacht gewonnen, sie waren einfach besser,» sagte Bambergs Trainer Andrea Trinchieri und fügte ungefragt und listig hinzu: «Jetzt sind sie natürlich der Favorit auf den Meistertitel.»

Doch davon wollten sie im Lager des Vizemeisters bei aller Freude über den Triumph nichts wissen. «Bamberg hatte drei Spiele in sechs Tagen, wir haben acht Tage in Ulm in der Sonne gelegen», sagte Ulms Point Guard Per Günther in seiner unnachahmlichen Art.

In der Tat wirkten die Franken, die zuvor 37 Mal in Serie daheim in Bundesliga oder Pokal gewonnen hatten, etwas müde und konnten der unglaublichen Ulmer Intensität in den Schlussminuten nichts entgegensetzen. «Es ist einfach schwierig, binnen 10 Tagen gegen die beiden besten deutschen Mannschaften und drei Euroleague-Teams zu spielen», sagte Trinchieri angesichts das Mammutprogramms. «Leider nimmt der Spielplan keine Rücksicht darauf, in Spanien oder der Türkei wäre das anders.»

Der Stachel der Enttäuschung saß dennoch tief bei den Bambergern, die in den vergangenen Jahren die Bundesliga quasi nach Belieben beherrscht haben, nun aber zwei Niederlagen nacheinander kassierten. Auf einmal ist ihnen ein Gegner erwachsen, der den nächsten Titel tatsächlich in Gefahr bringen kann. Dass nicht Bayern München oder ALBA Berlin in die Rolle des größten Widersachers geschlüpft sind, sondern die Ulmer, ist der kontinuierlichen Arbeit von Trainer Thorsten Leibenath und Geschäftsführer Thomas Stoll zu verdanken.

Leibenath ballte nach der Schlusssirene ein paar Mal kurz die Faust, zu einer Kampfansage an die Franken ließ sich der Coach aber nicht hinreißen. Vielmehr bezeichnete er die Bamberger auch nach dem zweiten Ulmer Sieg in dieser Saison gegen den Titelverteidiger immer noch als «beste Mannschaft in Deutschland».

Und doch war Leibenath und seinen Spielern anzumerken, dass der Sieg in Freak City für sie ein besonderer war. «Das Verhältnis von Selbstbewusstsein und Respekt hat bei uns gestimmt und wir haben in Verteidigung und Angriff viel richtig gemacht», analysierte Leibenath – und die Art und Weise, wie er seine Worte wählte, machte deutlich: Ja, in Ulm glauben sie nun tatsächlich an ihre Chance auf den ersten Meistertitel der Club-Geschichte. Nur laut aussprechen wollte das noch niemand.


(dpa)

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