Freiburg – Nils Petersen würde bei Joachim Löw nie irgendwelche Ansprüche stellen. Aber sein Vater hätte den Bundestrainer fast angesprochen. Als Andreas Petersen im Januar einen Kurzurlaub in Dubai machte, entdeckte er Löw auf einmal am Strand.
«Da wollte ich mich eigentlich kurz vorstellen und ihn fragen, was er denn vom Nils hält und wie seine Chancen stehen», erzählt Petersen senior. «Aber ich habe mich dann doch nicht getraut.» Nils sei darüber heilfroh gewesen, berichtet der 57-Jährige lachend: «Der hätte mich ansonsten wahrscheinlich geköpft.»
Nils Petersen war noch nie ein Fußball-Profi der lauten Worte. Auch wenn seine Äußerungen über die Verdummung in der Fußball-Szene hohe Wellen schlug. Der 29 Jahre alte Torjäger des SC Freiburg überzeugt seit Wochen mit starken Leistungen, aber außerhalb des Platzes sei er «ein sehr Bescheidener, ein Sensibler», sagt sein Vater. Nils sei ein Fußballprofi, der sich einfach über alles Mögliche sehr viele Gedanken mache.
Zumindest kurz vor dem Torabschluss tut er das aber nicht. Mit bisher zwölf Saisontreffern ist Petersen aktuell bester deutscher Torschütze der Fußball-Bundesliga. Sechs Treffer trennen ihn sogar von Nationalstürmer Sandro Wagner, der am Sonntag (18 Uhr) mit dem FC Bayern nach Freiburg kommt. Trotzdem war sich Petersen bis zuletzt sicher, dass ein Anruf von Löw ausbleiben wird.
Stattdessen telefoniert der 29-Jährige täglich mit seinem Vater. Andreas Petersen ist Trainer beim Regionalligisten Germania Halberstadt, aber am Telefon trainiert er nebenbei auch seinen Sohn. Er schaut sich fast alle Spiele von Nils an, wenn nicht live, dann in der Wiederholung. «Überragendes Passspiel, kein Dribbler, sondern eher der Wandspieler, gutes Auge, hohe Intelligenz in der Box – er macht das richtig schlau»: So beschreibt der Vater die Spielweise seines Sohnes. Am Telefon diskutieren sie dann regelmäßig über Nils‘ Stärken und Schwächen. Nils Petersen ist vielleicht der einzige Spieler der Liga, der zwei Cheftrainer hat.
Von Freiburgs Coach Christian Streich sei er ebenfalls begeistert, erzählt sein Vater. Tatsächlich verlängerte Petersen vor kurzem sogar seinen Vertrag im Breisgau, obwohl ihm auch Anfragen anderer Clubs vorlagen. «Er mag einfach dieses ganze Familiäre. Er ist dort sowas von beliebt und willkommen», sagt Andreas Petersen. Wenn er ausführlich über die Bedeutung vom Nils sprechen würde, «wäre der Akku ihres Aufnahmegerätes irgendwann leer», meinte Streich vor kurzem. Petersen fühlt sich in Freiburg so wohl, dass er sich laut seinem Vater selbst finanziell attraktivere Angebote «noch nicht mal anhören» wollte. «Es ist kein Geheimnis, dass ich mich hier wahnsinnig wohl fühle», sagte Petersen letztlich selbst.
Nach Stationen beim FC Bayern und Werder Bremen bekommt er im Breisgau die Wertschätzung, die er in München und Bremen vermisst hat. Streich schenkt Petersen das Vertrauen, was er zuvor dauerhaft nur von seinem Vater am Telefon bekommen hat. «Wenn du ihm als Papa oder Trainer was gegeben hast, dann gibt er dir das Doppelte zurück», sagt sein Vater. In Freiburg lief er zuletzt sogar als Kapitän auf und soll den kleinen Sport-Club auch am Sonntag gegen den großen FC Bayern zu einer Überraschung führen. Vielleicht kommt dann auch der in der Nähe wohnende Löw wieder ins Stadion. «Hoffentlich spielt Nils dann wieder stark», sagt sein Vater. «Er hat mir immer gesagt: ‚Ich gebe die Antwort auf dem Platz, Papa. So hast du mich erzogen.’»
(dpa)