Berlin – Für die Fernsehsender ist es ein zehntägiger Versuch. Rund 100 Stunden werden ARD und ZDF von den European Championships berichten und wollen testen, wie viele Menschen sich im Sommer für das neue Sportereignis vor den Fernseher setzen.
«Das ist ein Experiment», sagte ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann. «Wir hoffen, dass unsere Zuschauer das Erfolgsrezept des Wintersports im Fernsehen nun auch im Sommer annehmen.»
Im Winter schauen jedes Wochenende Millionen Menschen die stundenlangen Übertragungen und sorgen für hohe Quoten – das ist die Währung der Fernsehsender. Und jetzt übertragen die beiden öffentlich-rechtlichen Anbieter von Freitag an zehn Tage lang die Europameisterschaften in sieben Sportarten im Wechsel. Morgens um neun Uhr beginnen einige Sendungen. Die Leichtathletik-Übertragungen dauern bis in den Abend.
«Die Möglichkeit für so vielseitige Übertragungen hat man sonst nur bei Olympischen Spielen», sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Weitere Übertragungen bieten die öffentlich-rechtlichen Sender im Internet an. Dort werden bis zu drei parallele Live-Streams laufen, allerdings nicht alle mit Kommentar.
Leichtathletik gilt bei den Sendern als «Lokomotive», die laut Balkausky für «zweistellige Marktanteile» sorgen soll. Bei den Übertragungen von der Leichtathletik-EM aus dem Berliner Olympiastadion sind Claus Lufen (ARD) und Norbert König (ZDF) die Moderatoren. Sechs weitere Sportarten werden in Glasgow ausgetragen, wo Jessy Wellmer für die ARD moderiert und Rudi Cerne für das ZDF.
Entwickelt wurde die Idee der European Championships laut Balkausky von verschiedenen europäischen TV-Sendern. «Die haben das massiv angeschoben.» Einzelne Europameisterschaften, etwa Rudern oder Turnen, haben nicht genug Zuschauer für lange Live-Strecken im Hauptprogramm von ARD und ZDF. «Das Problem haben auch andere Sender», erklärte Balkausky.
Nun werden auch andere Mitglieder der EBU (European Broadcasting Union) umfangreich übertragen. Der spanische Sender RTVE will sogar mehr als 200 Stunden Live-Sendungen im klassischen Fernsehen anbieten. «Das ist ein historischer Meilenstein in der Förderung und Übertragung in olympischen Schlüssel-Sportarten», sagte EBU-Direktor Stefan Kürten.
Auf hohe Quoten und große TV-Präsenz hoffen auch die Verbände – vor allem von jenen Sportarten, die sonst nicht im Fokus stehen. «Ich bin fest davon überzeugt, dass die Verschiedenartigkeit der Sportarten die TV-Zuschauer fasziniert», sagte Marcus Neumann, Sport-Vorstand im Deutschen Golf Verband. «Für den Golfsport, hier insbesondere auch das Frauengolf, bietet sich die Chance, Menschen zu erreichen, die sonst kein Golf schauen würden.»
Auch der Deutsche Turner Bund (DTB) verspricht sich viel. «Wir werden in Deutschland ganz sicher mehr Medien-Präsenz haben als bei einer normalen EM», sagte Alfons Hölzl. Der DTB-Präsident lobte die Sender: «Wann gibt es schon mal eine EM, für die schon drei Wochen vorher TV-Trailer in ARD und ZDF laufen?»
(dpa)