Stuttgart – Die deutschen Turner suchen den Nachfolger für den abgetretenen Fabian Hambüchen, in der Frauen-Riege ist ein Gerangel um das letzte EM-Ticket entbrannt. Drei der vier Fahrkarten für die europäischen Titelkämpfe im rumänischen Cluj Napoca hat Ulla Koch vergeben.
«Tabea Alt und Pauline Schäfer haben beim National Team Cup überzeugt, Kim Bui in den USA stark geturnt», sagte die Cheftrainerin vor dem Weltcup am Wochenende in Stuttgart.
Nicht nur wegen ihres NTC-Erfolges gilt Olympia-Turnerin Tabea Alt als große Hoffnung der Gastgeber bei der zweiten Weltcup-Veranstaltung des Jahres. In Stuttgart wird sich zeigen, was ihre in Heilbronn erreichten 54,50 Mehrkampf-Punkte nach modifiziertem Regelwerk wert sind. Dass die Ludwigsburgerin vor heimischer Kulisse motiviert an die Geräte gehen wird, steht außer Frage: Am Samstag feiert sie ihren 17. Geburtstag. Auch die Chemnitzer WM-Dritte Pauline Schäfer erhält im Mehrkampf eine Chance.
Da die Olympia-Dritte Sophie Scheder immer noch auf einen Termin für die Knie-OP in Vail/Colorado wartet, gelten als Kandidatinnen auf den vierten EM-Platz die Neu-Stuttgarterin Michelle Timm, Freundin von Marcel Nguyen, sowie Karina Kröll, nachdem beide die EM-Norm am Schwebebalken erfüllt haben. Auch die Olympia-Vierte Elisabeth Seitz kann es trotz Trainingsrückstands wegen eines Praktikums beim SWR noch schaffen. So könnte bei der EM ein Olympia-Quartett starten.
Solch ein Gerangel um die sechs EM-Plätze bei den Turnern würde sich Cheftrainer Andreas Hirsch wünschen. Doch in Andreas Toba (Kreuzband- und Muskelfaserriss) und Andreas Bretschneider (Schulter) fallen zwei Leistungsträger nach Operationen aus. Hambüchen, der am 6. März gleichfalls an der Schulter operiert wurde, hatte seine Laufbahn mit Reck-Gold in Rio beendet.
So ruhen die Hoffnungen auf Lukas Dauser, der zum Weltcup-Einstieg in Newark/USA die Erwartungen nicht erfüllen konnte. «Auf jeden Fall eine wichtige Erfahrung für ihn. Er muss sich erst an seine neue Aufgabe als Mehrkämpfer gewöhnen», räumte Cheftrainer Andreas Hirsch ein. Der mit 16 000 Franken (14 900 Euro) dotierte Sieg dürfte für den Olympia-Zweiten und Europameister Oleg Wernjajew aus der Ukraine reserviert sein.
Hirsch hatte zuvor dem Rio-Ersatzturner Philipp Herder aus Berlin einen Denkzettel verpasst und ihn nach schwachen Leistungen beim National Team Cup von der Startliste gestrichen. Dafür erhält Lokalmatador Sebastian Krimmer eine Chance. Viel Wert legt Hirsch auch auf die Team Challenge, weil dort alle einem Test unterzogen werden. «Wir wollen trotz des starken Feldes mit fünf der acht Olympia-Finalisten unbedingt den Endkampf der besten Vier erreichen», sagte er.
Als EM-Ausscheidung gelten auch der Geräte-Weltcup in Doha sowie eine interner Wettkampf in Kienbaum. Hirsch verkündete, dass er zumindest zwei Mehrkämpfer zur EM aufbieten möchte. Ganz wichtig ist Stuttgart auch, weil nach Olympia ein neues Regelwerk veränderte Bedingungen schafft. «Die Prognosewerte fehlen. Ich gehe davon aus, dass im Mehrkampf rund 3,4 Punkte weniger geturnt werden», spekulierte Hirsch. So musste der Olympia-Zweite Marcel Nguyen seine Barren-Übung umbauen, da Felgen und Riesenfelgen künftig einer Element-Gruppe angehören.
(dpa)