Türken kritisieren EM-Modus und Italiener: «Keine Pizza»

Saint-Cyr-sur-Mer (dpa) – Das bittere Aus bei der Fußball-EM erlebten die türkischen Nationalspieler vor dem Fernseher. «Ich habe gesehen, wie erwachsene Männer geweint haben», beschrieb Kapitän Ardan Turan via Instagram den deprimierenden TV-Abend im EM-Quartier an der Cote d’Azur.

Mit patriotischen Worten suchte der Profi des FC Barcelona nach Erklärungen: «Wir haben alles gegeben, doch manchmal reicht das im Fußball nicht aus. Eure Wut und eure Trauer nehmen wir auf uns. Es ist immer noch schwer, doch wenn all das vorbei ist, bleibt unsere Fahne, unser Land und unser Volk zurück.»

Das überraschende 1:0 der Iren über Italien und das spektakuläre 3:3 der Portugiesen gegen Ungarn begrub alle Hoffnungen, sich als einer der besten Drittplatzierten doch noch für das Achtelfinale zu qualifizieren.

Kaum war der Knockout besiegelt, regte sich in der Heimat Kritik – weniger an der eigenen Mannschaft als vielmehr am neuen Turniermodus und an den Italienern. «Wir wurden Opfer der Regeln. Dieser Modus muss dringend geändert werden. Portugal kommt mit drei Unentschieden weiter, während wir und Albanien einen Sieg holen und trotzdem ausscheiden», klagte der ehemalige Nationalspieler Ridvan Dilmen in der Zeitung «Sabah».

Den Unmut der Türken bekam auch die «Squadra Azzurra» nach ihrem 0:1 gegen Irland zu spüren: «Italien, du hast uns verbrannt», titelte die Zeitung «Fanatik» in gewohnt martialischer Manier. «Italiens Verhalten ist meiner Meinung nach verantwortungslos und nicht korrekt. Im Fußball geht es nicht nur um den Sieg, man muss auch gerecht sein», kommentierte der ehemalige Nationalcoach Ersun Yanal im türkischen Fernsehen, räumte aber ein: «Trotzdem liegt die Schuld natürlich in erster Linie nicht bei Italien, sondern bei uns.»

Noch deutlicher fiel die Schelte im Internet auf. Erboste User forderten dazu auf, in Zukunft «in unserem Land keine Pizza mehr zu essen» oder «italienische Marken» zu boykottieren.

Mit dem 2:0 über Tschechien im letzten Gruppenspiel hatte die Mannschaft um den Neu-Dortmunder Emre Mor nach zuvor zwei schwachen Vorstellungen gegen Kroatien (0:1) und Spanien (0:3) Frieden mit den Fans geschlossen. Doch das erhoffte Happy End blieb aus. So kamen die Iren durch einen überraschenden 1:0-Sieg über Italien als Dritter der Gruppe E noch auf vier Zähler. Die mit den Türken punktgleichen Portugiesen und Nordiren hatten die bessere Tordifferenz.

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(dpa)