Trainer Bosz nutzt Bayers Offensiv-Power

Wolfsburg – Kai Havertz lächelte zaghaft unter seiner tief ins Gesicht gezogenen Kapuze. «Das macht Spaß», sagte Leverkusens hochbegabter Mittelfeldspieler. Er meinte den 3:0 (1:0)-Sieg in der Fußball-Bundesliga beim VfL Wolfsburg.

Vor allem meinte er aber den Stil, den der neue Trainer der Mannschaft binnen weniger Wochen beigebracht hatte. Frühe Attacke des Gegners, Tempospiel, viele kleine Sprints – so etwas mag einer wie Havertz, der mit höchsten technischen Fähigkeiten gesegnet ist und über den Elan eines 19-Jährigen verfügt.

«Wir wollten offensiv und mutig spielen, das haben wir heute gemacht. Das ist leichter, wenn man einen Spieler wie Kai hat», sagte Bosz, der eine persönliche Serie von neun Bundesligapartien ohne Sieg – acht davon mit Borussia Dortmund in der Hinrunde der Saison 2017/18 – abschloss. «Hier sitzt ein zufriedener Trainer.»

Bayer nahm durch den Erfolg, den Havertz mit dem sicher verwandelten ersten Strafstoßtreffer seiner Bundesliga-Karriere auf den Weg brachte (45.), wieder Fühlung zu den Europa League-Rängen auf. Und noch wichtiger: Bosz gelingt es, die Offensiv-Power, die in seinem Kader steckt, in erfolgreiche Bahnen zu lenken. In Kevin Volland (62.), Julian Brandt (88.), die die beiden anderen Treffer erzielten, sowie Karim Bellarabi und Leon Bailey verfügt der Niederländer über die passenden Kräfte für sein attraktives Spiel und in Charles Aranguiz einen umsichtigen Defensivarbeiter. Einziger Schwachpunkt der Gäste vor der kümmerlichen Kulisse von 21 736 Zuschauern: die Chancenverwertung in einem «intensiven Spiel» (Bosz).

Doch auch in seiner Dortmunder Zeit startete Bosz erfolgreich und spektakulär, bis der rapide Absturz einsetzte. Lässt sich der Spektakel-Fußball bei Bayer durchhalten, wenn übernächste Woche die Zeit höchster Belastung mit Pokal-Auftritt in Heidenheim und den Europa League-Treffen mit dem FK Krasnodar neben der Bundesliga beginnen? Funktioniert Bosz‘ Fußball auch am Samstag gegen Bayern München? Der Niederländer muss die Balance zwischen Offensive und Defensive finden. Und er muss die unter seinem Vorgänger Heiko Herrlich vermisste Konstanz ins Leverkusener Spiel bringen.

Bosz lässt offen, ob er sein System gegen den Rekordmeister modifiziert: «Ich kann mir vorstellen, dass wir dabei bleiben – oder dass wir es ändern.» Der Sieg gegen die anfälligen Wolfsburger, die die ersten beiden Rückrundenpartien verloren haben, hat das Selbstvertrauen gestärkt. Bei Havertz allemal: «Wenn man sieht, was für eine Qualität wir haben, dann ist gegen Bayern einiges möglich.»


(dpa)

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