Titel-Sehnsucht: BVB und Eintracht hoffen auf Pokaltriumph

Berlin – Borussia Dortmund will das Endspiel-Trauma überwinden, Eintracht Frankfurt die historische Titelchance nutzen: Das Berliner Olympiastadion wird zur Endstation Sehnsucht.

Nach drei Finalniederlagen an gleicher Stätte in den vergangenen drei Jahren nimmt der BVB im Pokal-Showdown am Samstag (20 Uhr) einen neuen Anlauf. Für die Frankfurter könnte eine mittlerweile 29 Jahre anhaltende titellose Zeit zu Ende gehen. BVB-Präsident Reinhard Rauball brachte beim Abflug aus Dortmund seine Erwartungshaltung humoristisch zum Ausdruck: «Wenn wir es wieder nicht schaffen, überlege ich das nächste Mal, ob ich überhaupt noch mitfahre.»

Anders als zuletzt geht die Borussia als Favorit in das 74. Endspiel um den DFB-Pokal. Von einer optimalen Vorbereitung konnte angesichts der anhaltenden Schlagzeilen über die ungewisse Zukunft von Trainer Thomas Tuchel und Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang jedoch keine Rede sei. Gut möglich, dass beide am Samstag Abschied vom Revierclub nehmen.

Vor allem der Zoff zwischen Tuchel und BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke brachte die Borussia in Wallung. Selbst ein Sieg über Frankfurt kann die zerrüttete Beziehung wohl nicht mehr retten. Obwohl die Vereinsführung noch immer von einem ergebnisoffenen Gespräch mit Tuchel in den Tagen nach dem Finale spricht, stehen die Zeichen auf Trennung. Gleichwohl wirkte der Coach am Tag vor dem Anpfiff erstaunlich gelassen: «Ich spüre eine große Ruhe.»

Wann das Gespräch stattfinden soll, ließ Watzke am Freitag offen: «Ich gebe seit Wochen die gleiche Antwort: Wir wollen erst das Finale abwarten, vorzugreifen wäre unseriös.»

Tuchel hofft noch immer auf eine Versöhnung. Auf Medienberichte über sein angeblich angespanntes Verhältnis zu Teilen der Mannschaft reagierte er selbstbewusst. «Die Ereignisse haben für viel Klebstoff gesorgt – auch zwischen den Spielern und mir. Es wäre ansonsten auch nicht möglich, solche Leistungen zu erbringen», sagte er mit Verweis auf das Attentat am 11. April.

Eine ähnliche Tendenz wie bei Tuchel zeichnet sich bei Aubameyang ab. Hartnäckig halten sich Gerüchte, wonach der neue Bundesliga-Torschützenkönig vor einem Transfer zu Paris Saint-Germain steht. Laut «Bild» hat er die Vereinsführung bereits über seinen Wechselwunsch informiert. Bei einer Offerte über 70 Millionen Euro könnten Watzke und BVB-Sportdirektor Michael Zorc schwach werden und den vertraglich bis 2020 an den BVB gebundenen Gabuner ziehen lassen.

Viel wird am Samstag davon abhängen, ob die Mannschaft diese Störgeräusche ausblenden kann. Eine weitere Finalniederlage könnte das Image der Borussia weiter beschädigen. Dem Double-Gewinn 2012 folgten gleich sieben zweite Plätze. «Für uns war es schon zu Saisonbeginn nicht nur das Ziel, nach Berlin zu kommen, sondern hier zu gewinnen», sagte Kapitän Marcel Schmelzer.

Ein Sieg könnte helfen, die Geschehnisse beim heimtückischen Sprengstoffanschlag auf den Teambus vor dem Champions-League-Viertelfinale gegen den AS Monaco zu verarbeiten. Der bisher noch immer titellose Marco Reus sieht den Saison-Schlussakt auf großer Bühne als eine Art Entschädigung: «Wir haben es verdient, hier zu spielen. Wir haben in diesem Jahr viele negative Sachen erlebt und sind trotzdem immer rausgekommen.» Ähnlich sah es Tuchel: «Nach dieser Saison wäre der Pokalsieg ein besonderer Schlusspunkt.»

Im Vergleich zum BVB verspürt die Eintracht weniger Druck. Die schwächste Mannschaft der Bundesliga-Rückrunde gilt in den Wettbüros als großer Außenseiter. Unbändiger Einsatz soll die im Vergleich zum BVB offenkundigen spielerischen Defizite ausgleichen. Mit pathetischen Worten schworen sich die Hessen auf die erste Pokal-Finalteilnahme seit dem 0:1 vor elf Jahren gegen den FC Bayern ein. «Das ist größte Spiel meiner Karriere», sagte Kapitän Alex Meier, «ganz Frankfurt wartet auf den Titel».

Mit ähnlichen Gefühlen geht der gebürtige Berliner Nico Kovac in die Partie, die mit 74 322 Zuschauern ausverkauft ist und in 186 Länder übertragen wird. «Dass wir als Eintracht es geschafft haben, hierher zu kommen, ist einzigartig. Jeder Spieler und Trainer wird nach Erfolgen abgerechnet. Es wäre schön, wenn man da etwas stehen hat», kommentierte der Coach.

Immerhin wäre der fünfte Pokal-Triumph in der Vereinsgeschichte nach 1974, 1975, 1981 und 1988 mit dem Einzug in die Europa League verbunden. «Die Mannschaft muss sich zerreißen», forderte Sportvorstand Fredi Bobic.

DIE VORAUSSICHTLICHEN AUFSTELLUNGEN:

Eintracht Frankfurt: Hradecky – Abraham, Vallejo, Oczipka – Hector, Gacinovic – Chandler, Blum – Fabian, Rebic – Hrgota

Borussia Dortmund: Bürki – Piszczek, Sokratis, Bartra – Durm, Sahin, Guerreiro – Dembélé, Kagawa, Reus – Aubameyang

Schiedsrichter: Aytekin (Oberasbach)


(dpa)

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