Bad Füssing – Eine große Party zum Jubiläum hätte Theo Zwanziger auch ohne Coronavirus-Pandemie nicht geschmissen. Wie stets in den Jahren zuvor verbringt der ehemalige Präsident des Deutschen Fußball-Bundes auch seinen 75. Geburtstag am 6. Juni mit Ehefrau Inge im bayerischen Bad Füssing.
Radfahren, ein bisschen Wellness und «eine kleine Feier mit ein paar Freunden, das reicht», sagt Zwanziger in einem Gespräch der Deutschen Presse-Agentur und betont: «Ich bin ein zufriedener Mensch, habe schöne Zeiten erleben dürfen, bin stolz auf meine Familie und hoffe, dass es gesund so noch ein paar Jahre weitergehen kann.»
Nachdem die in der Schweiz gegen ihn erhobenen Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit der Affäre um die Fußball-WM 2006 am 27. April verjährt sind, kann er den besonderen Ehrentag relativ unbeschwert genießen. Wobei: So richtig belastet hat ihn das Verfahren vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona, das Zwanziger einmal als «Justizskandal» bezeichnete, nach eigener Aussage ohnehin nicht.
«Wenn man weiß, dass man sich nichts vorzuwerfen hat und Familie und Freunde einem Vertrauen schenken, dann wird man damit fertig, auch wenn Staatsanwälte ihre Amtspflichten vergessen und mit zweierlei Maß messen», betont der Vater zweier erwachsener Söhne.
Der weiter anhängigen Klage der Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen Steuerhinterziehung sieht er daher gelassen entgegen. «Das Landgericht wird jetzt prüfen müssen, ob eine Hauptverhandlung in Frankfurt überhaupt noch stattfinden kann, oder die Strafklage durch die Entscheidung in der Schweiz verbraucht ist», sagt Zwanziger.
Die juristischen Nachwehen der WM 2006 drehen sich um eine dubiose und immer noch nicht aufgeklärte Zahlung von 6,7 Millionen Euro. Diese hatte der damalige WM-OK-Chef Franz Beckenbauer 2002 als Darlehen vom inzwischen verstorbenen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus erhalten. Der DFB überwies die Summe im April 2005 an den Weltverband FIFA als Beitrag für eine später nie stattgefundene Gala.
Auf Antrag des aktuellen DFB-Chefs Fritz Keller will der Verband die damaligen Vorgänge noch einmal eingehend untersuchen lassen. «Es ist höchst unbefriedigend, ja frustrierend, dass wir noch immer kein abschließendes Bild rund um die infrage stehenden Abläufe der WM 2006 haben. Damit will ich mich nicht abfinden», sagte Keller jüngst.
Trotz des Wirbels hat sein Amtsvorgänger Zwanziger seinen Frieden mit dem Sommermärchen gemacht. «Es war ein großartiges Ereignis für unser Land», sagt er im Rückblick.
Die Heim-WM brachte Zwanziger den Großen aus Politik und Sport ganz nah. Beim DFB bildete er von Oktober 2004 bis September 2006 eine Doppelspitze mit Gerhard Mayer-Vorfelder. Danach zeichnete Zwanziger bis zu seinem freiwilligen Rückzug im März 2012 allein für die Geschicke des weltgrößten Sportverbandes verantwortlich.
Noch heute erinnert sich der einstige Verwaltungsrichter gerne an die Begegnungen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily oder dem heutigen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble. «Persönlich bin und bleibe ich unglaublich stolz darauf, dass ich mit meinen großen Idolen aus den 70er Jahren – Franz Beckenbauer und Günter Netzer – in dieser Zeit habe zusammenarbeiten dürfen», erzählt Zwanziger.
Er selbst war als Fußballer über eine bescheidene Karriere bei seinem Heimatverein VfL Altendiez nicht hinausgekommen. Nicht nur deshalb sah Zwanziger sein Spielfeld als DFB-Präsident eher in Themen abseits des Rasens, nachdem er zuvor von 1998 bis 2001 an der Strukturreform des DFB mitgewirkt hatte, durch die die Deutsche Fußball Liga die für den Profifußball erforderliche Eigenverantwortung erlangte.
«In der Zeit meiner Präsidentschaft war es mir besonders wichtig, an gesellschaftlichen Zielen zu arbeiten», sagt Zwanziger. Dabei lag ihm vor allem die Förderung des Frauenfußballs sehr am Herzen. «Das alles würde ich genauso wieder machen, denn der Fußball findet zwar auf dem Platz statt mit Leistung, Spaß, Freude und Emotionen, aber richtig eingesetzt kann er helfen, unser gesellschaftliches Zusammenleben zu verbessern, damit Radikale in diesem Land nie mehr eine Chance haben können», sagt Zwanziger. Das ist ihm noch heute wichtiger als jede Geburtstagsparty.
(dpa)