München (dpa) – Die Situation beim TSV 1860 München wird nach einer beispiellosen Chaoswoche immer brisanter.
Als ob die sportlicher Lage im Zweitliga-Abstiegskampf nach dem 1:2 in Braunschweig nicht schon prekär genug wäre, scheinen die undurchsichtigen Vorkommnisse an der Clubspitze nun auch die Deutsche Fußball Liga auf den Plan zu rufen. Medienberichten zufolge will die DFL von den «Löwen» wissen, wie es zur Beurlaubung von Trainer Kosta Runjaic kam. Hintergrund ist die ominöse 50+1-Regel, mit der ein Einfluss von Investoren auf die Vereine beschränkt werden soll und die bei 1860 womöglich ausgehöhlt wird.
Dass der jordanische Geldgeber Hasan Ismaik an der Grünwalder Straße das Sagen hat und Vereinsvertreter nicht gegen den unberechenbaren Geschäftsmann ankommen, wurde am Sonntagabend einmal mehr offensichtlich. Da warfen gleich zwei hohe Vereinsfunktionäre hin.
Vor allem der Rückzug von Karl-Christian Bay ist bezeichnend für die Entwicklungen bei den Sechzigern, wo immer mehr Willkür zu herrschen scheint. Bay war Ismaiks Stellvertreter als Chef im Aufsichtsrat, außerdem Vorsitzender des Verwaltungsrats und Mitglied im Beirat – also neben Präsident Peter Cassalette der wichtigste Vertreter von Vereinsseite in den Gremien der ausgegliederten Profi-Abteilung. Zudem hatte Christian Waggershauser, der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates, am Sonntag sein Amt niedergelegt.
«Mein Ziel einer Stabilisierung, Professionalisierung und Weiterentwicklung der KGaA einerseits sowie der Umsetzung einer Zukunftsvision für unseren Verein andererseits ist in den derzeitigen Strukturen nicht umsetzbar und erfordert neue Kräfte und Ideen», sagte Bay. Überspitzt übersetzt: Mit den aktuellen Voraussetzungen ist weder das Zweitliga-Team noch der 1860-Stammverein zu retten.
Dabei war es just Bay, der immer wieder zwischen dem Finanzier in Abu Dhabi und Vertretern des Vereins in München vermittelte. Bei einer Mitgliederversammlung im vergangenen Juni betonte er noch in Richtung Ismaik, «dass wir ihn akzeptieren und persönlich wertschätzen».
Diese Einschätzung ist spätestens nach Ismaiks jüngsten Kommentaren und Beschimpfungen gegen Clubmitarbeiter und Medien samt eines wirren Boykotts der Presse und eines Hausverbots für Journalisten überholt. Gleich mehrere Presseorganisationen protestierten gegen die Maßnahme.
Auch in Frankfurt wurde die Entwicklung bei 1860 registriert. Dort soll die DFL den Verein beobachten, wie Münchner Medien berichteten. Der Verdacht liegt nahe, dass Ismaik Personalentscheidungen trifft, ohne diese satzungskonform in den Gremien zu beraten. Durch die 50+1-Regel soll eigentlich sichergestellt sein, dass der Verein gegenüber Investoren stets die Entscheidungshoheit behält. Davon sind die vom unberechenbaren Ismaik abhängigen Sechziger weit entfernt. Die DFL war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
(dpa)