Sydney – Angelique Kerber ist erfolgreich in die Generalprobe für die Australian Open gestartet – den ersten Härtetest auch für die Zusammenarbeit mit ihrem neuen Trainer Rainer Schüttler.
Beobachtet vom einstigen Weltklasseprofi siegte die Titelverteidigerin in Sydney nach einem Freilos zum Auftakt in der zweiten Runde 7:6 (7:3), 6:2 gegen die Italienerin Camila Giorgi. Damit steht Kerber im Viertelfinale und bleibt vor dem ersten Grand-Slam-Turnier der Saison ab Montag in Melbourne in diesem Jahr ungeschlagen. «Ich würde hier gerne meinen Titel verteidigen, aber bis dahin ist es noch ein langer Weg», meinte Kerber entspannt nach ihrem Auftakt-Erfolg in Sydney.
Auch im vorigen Jahr war Kerber nach der Krisensaison 2017 mit einer Siegesserie in Australien gestartet und hatte sich, betreut von Wim Fissette, mit dem Wimbledonsieg ihren großen Traum erfüllt. Umso unerwarteter folgten dann die Trennung vom Belgier und die Verpflichtung von Schüttler – selbst die deutsche Damen-Tennis-Chefin Barbara Rittner war davon überrascht, und zwar positiv.
«Als ich das gehört habe, habe ich gedacht: Hut ab, das ist eine geile Überlegung», sagte Rittner am Wochenende bei einem Kongress des Deutschen Tennis Bundes in Berlin. Von seiner ruhigen, professionellen Art passe Schüttler zu Kerber. Der einstige Australian-Open-Finalist sei keiner, der sich in den Vordergrund spiele, stellte Rittner vor ihrer Reise nach Melbourne fest.
Das sieht der 42-Jährige selbst so. «Ich habe mich in der Art und Weise, wie sie ihre Karriere plant, wie sie ihr Leben führt, schon wiedererkannt», sagte er vor dem Jahreswechsel in einem Interview des Portals tennisnet.com. Schüttler will noch ein paar Prozent Leistung herauskitzeln, so gibt es immer noch Potenzial beim Aufschlag der Linkshänderin. «Angie spielt die Musik, ich helfe ihr dabei, den richtigen Ton zu treffen», sagte Schüttler.
Der einstige Dauerläufer, der vor allem dank überragender Fitness, Kämpferqualitäten und Spielintelligenz unter die Top Fünf der Welt vorstieß, ist beeindruckt von Kerbers Willen auch im Training. Die Australian- und US-Open-Siegerin von 2016 zeige eine unbändige Leidenschaft und gebe auch den letzten Ball nie verloren – so, wie es einst bei Schüttler war. Auch er machte nach großen Erfolgen eine Krise durch, ein Jahr nach dem sensationellen Final-Einzug bei den Australian Open flog er 2004 in Melbourne in der ersten Runde raus.
Das ist aus Sicht seines langjährigen Coaches Dirk Hordorff für den eher noch ungewohnten Trainer-Job ein großer Vorteil. «Es geht nicht um das Wissen. Es ist einfach glaubwürdiger, wenn das jemand aus eigener Erfahrung sagen kann», erklärte der heutige DTB-Vizepräsident beim Kongress in Berlin. «Rainer versteht Tennis, er hat Tennis in jeder Facette lange genug gelebt», betonte Hordorff. Genau darum geht es Kerber: «Er verfügt als Ex-Profi über Erfahrung, er weiß, wie es ist, wenn man auf dem Platz in einer Drucksituation ist», hatte die 30 Jahre alte Nummer zwei der Welt nach Schüttlers Verpflichtung erklärt. Das Tennisspielen müsse ihr niemand mehr beibringen.
Nach einem Gespräch mit Kerber, bei dem ihm Ziele und Pläne imponierten, stimmte Schüttler zu, trotz seiner Einbindung beim ATP-Turnier in Genf. Seine Frau und sein kleiner Sohn sollen bei der einen oder anderen Reise mitkommen. Sollte es nicht so laufen wie erhofft, müsse Kerber auf ihn keine Rücksicht nehmen. «Ich darf da nicht im Weg stehen für sie», sagte Schüttler.
(dpa)