Gelsenkirchen – Für Reinhard Rauball ist es «das nach wie vor emotional wichtigste Spiel der Saison». Für Michael Zorc ein Duell, in dem «Helden geboren» werden.
Selbst solch erfahrene Führungskräfte wie der Dortmunder Vereinspräsident und der Sportdirektor empfinden vor dem Revierderby zwischen dem FC Schalke und dem BVB eine besondere Anspannung – immer wieder aufs Neue. Vor dem 150. Pflichtspielduell der beiden in historischer Rivalität verbundenen Traditionsclubs scheint der Nervenkitzel besonders groß. Schließlich starten beide Vereine am Samstag (15.30 Uhr) in die wichtigsten Wochen des Fußball-Jahres.
Allein im April stehen für die Borussia neun Partien in drei Wettbewerben auf dem Programm, für die bereits aus dem DFB-Pokal ausgeschiedenen Schalker ist nur ein Spiel weniger. Vor diesem Hintergrund sehnt Christian Heidel ein mutmachendes Erfolgserlebnis herbei. «Ein Erfolg im Derby ist immer Balsam für die Seele», sagte der Schalker Sportvorstand der Zeitschrift «Reviersport». Mit Verweis auf die anstehende Terminhatz äußerte sich BVB-Sportdirektor Zorc vor seinem 68. Derby als Spieler und Funktionär im «Kicker» ähnlich: «In unserer aktuellen Situation besitzt diese Partie eine besondere Bedeutung.»
Das Hauptaugenmerk beider noch in den europäischen Viertelfinal-Spielen vertretenen Clubs liegt auf der Bundesliga. Der Tabellendritte aus Dortmund will mit aller Macht wieder in die Champions League, der Neunte aus dem rund 35 Kilometer entfernten Gelsenkirchen liebäugelt nach einem kapitalen Saison-Fehlstart wieder mit der Rückkehr in die Europa League.
Doch auch ohne diese brisante Konstellation wissen alle Beteiligten um die besondere Bedeutung der Partie: «Jeder ist bis in die Finger- und Fußspitzen motiviert», sagte Schalkes Mittelfeldspieler Leon Goretzka. Trainer Markus Weinzierl hat im Team eine besondere Stimmung ausgemacht: «Wir werden um jeden Zentimeter kämpfen.»
Wie prestigeträchtig die Partie in der fußballbegeisterten Region ist, bekam der gebürtige Schwabe Thomas Tuchel in der vorigen Saison zu spüren. In seinem ersten Jahr als BVB-Coach schonte er beim Gastspiel seiner Mannschaft «auf» Schalke (2:2) diverse Stars. Das brachte ihm harsche Kritik vieler Dortmunder Fans ein. Kaum vorstellbar, dass der Fußball-Lehrer diesmal Ähnliches plant. Angesichts der engen Punktabstände im oberen Tabellendrittel kann sich die Borussia diesen Luxus eigentlich nicht mehr erlauben. «Nichts wäre fataler, als wenn wir unser Ziel in der Bundesliga nicht erreichen würden», kommentierte Sportdirektor Zorc vielsagend.
Traditionell hat der Punkteabstand zwischen beiden Clubs keine große Aussagekraft. Zwar gilt der BVB bei üppigen 13 Punkten Vorsprung als Favorit, tat sich jedoch schon beim 0:0 im Hinspiel schwer. Die robuste Abwehrarbeit der Gäste nahm den eigentlich heimstarken Dortmunder Fußball-Feingeistern die Spielfreude. «Wille und Leidenschaft werden auch am Samstag die Basis sein», sagte Weinzierl.
Darüber hinaus könnte die Schalker von der Auswärtsschwäche der Borussia profitieren, die in dieser Saison bereits fünf Niederlagen in der Fremde hinnehmen musste. Schalkes Neuzugang Nabil Bentaleb geht zuversichtlich in die Partie: «Wir haben mehr Herz, wir kämpfen mehr.»
Nicht nur für die Profis, sondern auch für die Polizei ist die Partie besonders brisant. Ein verstärktes Aufgebot soll helfen, dass sich der positive Trend der vergangenen Derbys fortsetzt, bei denen es erfreulich friedlich zuging. «Genauso wichtig wie ein positives Ergebnis würde ich am Samstag die Meldung einordnen, dass es rund um das Spiel keine negativen Vorkommnisse gab», sagte Rauball vor seinem 35. Revierderby als BVB-Präsident den «Ruhr Nachrichten».
(dpa)