Erfurt – Schnell reden, schnell essen, schnell fahren – und vor allem ganz schnell rennen: Langsam kann Gina Lückenkemper wirklich nicht(s) – und nun reizt sogar die Schallmauer.
Deutschlands größtes Sprinttalent hat bei den deutschen Meisterschaften das nächste Achtungszeichen in ihrer noch jungen Karriere gesetzt: 11,01 Sekunden über 100 Meter, und das schon im Vorlauf und bei Windstille. «Es war einfach ein verdammt geiler Lauf – der geilste Lauf in meinem Leben», sagte die 20-Jährige. Mit ihrem Coup im Steigerwaldstadion hat sie in der Blumenstadt Erfurt schon mal eine Duftmarke hinterlassen.
«Eine 10 vor dem Komma wäre noch schöner gewesen, aber es hat heute nicht sollen sein», erzählte die deutsche Meisterin beim Interview-Marathon nach dem Finale, das sie natürlich auch noch gewann. In 11,10 Sekunden. Doch das soll noch lange nicht das letzte Wort der flotten Gina gewesen sein.
Da geht noch was, wenn es weiter so gut läuft. «Die 10 vor dem Komma ist einfach eine Schallmauer im Frauensprint», sagte die Sprinterin von der LG Olympia Dortmund, die in Soest wohnt und in Bochum Wirtschaftspsychologie studiert. «Ich möchte einfach eine von den Frauen sein, die unter 11 Sekunden gelaufen sind. Und ich bin auf einem guten Weg dahin.» Diese Schallmauer hatte als bis dato letzte deutsche Sprinterin Katrin Krabbe vor 26 Jahren geknackt. «Das müssen wir mal ändern», sagt sie und lacht.
Bei Gina Lückenkemper ist dies nur noch eine Frage der Zeit. An Selbstvertrauen mangelt es der EM-Dritten über 200 Meter jedenfalls ebenso wenig wie an Talent. In der WM-Saison konnte sie aber bisher weniger trainieren als sonst. Dazu kamen viele Wettkämpfe, deshalb hatte die Leichtathletin nach der Team-EM in Lille eine einwöchige Pause eingelegt. «Mein Gehirn stand kurz vor der Kernschmelze, denn durch meine Starts in der Diamond League war ich sehr viel unterwegs. Das war für mich sehr ungewohnt», erklärte sie.
Die flotte Gina fährt gern schnell Auto, die Hobby-Reiterin mag ihr Pferd «Picasso». Vor allem aber liebt sie – Kurven. Und sie sagt sogar: «Kurven sind meine große Leidenschaft. 100 Meter durch die Kurve – und ich wär sofort dabei!»
Auf ihrer Lieblingsstrecke, den 200 Metern, da kann sie ihre Stärken einfach besser ausspielen ihre ausgefeilte Technik, den lockeren Laufstil, ihr vergleichsweise geringes Gewicht, den optimalen Bodenkontakt. Etwas fehlt Gina Lückenkemper aber noch: der Westfalenrekord über 100 Meter. Den hält die Paderbornerin Tatjana Pinto mit 11,00 Sekunden. Sicher nicht mehr lange.
(dpa)