Spaniens Nationalcoach Hierro und das Trauma von Südkorea

Krasnodar – In der Heimat wachsen die Zweifel an Fernando Hierros Fähigkeiten als Trainer, vor dem Achtelfinale gegen Russland wird Spaniens umstrittener Interimscoach auch noch an ein Trauma erinnert.

Der heute 50-Jährige stand 2002 in Südkorea selbst auf dem Platz, als La Roja in einer Skandal-Partie gegen den damaligen Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft ausschied. «Dieses Viertelfinalspiel war eine Mauer, eine Barriere für unsere Generation», erinnert sich Hierro mit Schaudern.

Ein Scheitern am Sonntag (18.00 Uhr) in Moskau gegen die Sbornaja wäre wohl das Ende einer glorreichen Ära. Denn Stars wie Andrés Iniesta, Sergio Ramos, Gerard Piqué, Sergio Busquets und David Silva hielten 2010 in Südafrika erstmals für ihr Land den WM-Pokal hoch.

Das 3:5 (0:0)im Elfmeterschießen gegen Südkorea vor 16 Jahren in Gwangju war auch der Höhepunkt des so genannten Viertelfinal-Fluchs der Spanier, die auch bei der WM 1986 und 1994 in der Runde der acht Besten gescheitert waren. Besonders bitter: Gegen Südkorea erkannte der bis dato unbekannte Schiedsrichter Ägypter Gamal Ghandour mit seinen Assistenten Ali Tomusange aus Uganda und Michael Ragoonath aus Trinidad zwei reguläre Tore des Favoriten ab. Es gibt Bilder, wo Hierro völlig fassungslos den Referee anbrüllt.

Sein Teamkollege Ivan Helguera wollte noch auf dem Platz dem Schiedsrichter-Gespann an den Kragen. José Antonio Camacho schäumte vor Wut: «Es ist ein Skandal, dass in solch einem Spiel Linienrichter aus diesen Ländern eingesetzt werden.» Al Ghandour sorgte später noch einmal für Aufmerksamkeit, als bekannt wurde, dass er sich ein Luxushaus außerhalb von Kairo gekauft habe.

«2002 waren wir sehr nah dran, uns für das Halbfinale zu qualifizieren. Das war eine Riesenchance», sagte Hierro in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur vor der WM in Russland. Das war aber auch lange vor der Einführung des Videobeweises, so dürfen die Spanier im ersten K.o.-Spiel auf Gerechtigkeit hoffen.

Hierro war bei vier Welt- und zwei Europameisterschaften als Spieler dabei, gewann aber nie einen Titel. Der langjährige Profi von Real Madrid bestritt 2002 sein letztes von 89 Länderspielen – damals gegen Südkorea. Ob er eine Zukunft als Chefcoach über die Russland-WM hinaus hat, hängt allein vom Abschneiden bei dieser Endrunde ab. Nach dem 2:2 gegen Marokko und dem glücklichen Gruppensieg fragen sich immer mehr Experten, ob die Blitz-Trennung von Julen Lopetegui und die Entscheidung, den bisherigen Sportdirektor Hierro zum Trainer zu machen, nicht ein Eigentor war.

Den Blick in die Historie jenseits von Südkorea 2002 sollte sich Hierro ersparen. Mit WM-Spielen gegen Gastgeber haben die Iberer bislang nur schlechte Erfahrungen gemacht – auch wenn das teilweise sehr lange zurückliegen. 1950 unterlag man Brasilien in der Finalrunde 1:6. Und im Vergleich zum Viertelfinal-Duell 1934 in und gegen Italien war das Match 2002 gegen Südkorea ein Kaffeekränzchen – 1:1 nach Verlängerung in der ersten Partie, Wiederholungsspiel einen (!) Tag später, da es noch kein Elfmeterschießen gab. Überliefert sind unter anderem: jeweils zwei nicht anerkannte Tore und verweigerte Elfmeter für Spanien, verletzte Spieler und der 1:0-Siegtreffer für Italien, bei dem Torhüter Ricardo Zamora vorher quasi niedergerungen worden war.


(dpa)

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