Frankfurt/Main – Die umfassende WM-Aufarbeitung von Christian Seifert kam mehr als einen Monat nach dem historischen DFB-Aus und dauerte 6 Minuten und 42 Sekunden.
Der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga verteidigte den Deutschen Fußball-Bund (DFB) gegen die schweren Rassismusvorwürfe von Ex-Nationalspieler Mesut Özil, forderte neue Strukturen im Verband und kündigte intern weitere «sehr klare Gespräche» mit den DFB-Verantwortlichen an. Die knapp siebenminütige Analyse sprach Seifert am Stück aus, für seine tiefgründigen Ausführungen brauchte es keine Zwischenfrage. Zu hören war außer seiner Stimme nur das ständige Kameraklicken.
«Ich sehe keinen Grund für irgendeinen Rücktritt. Ich habe aber verstärkt den Eindruck, dass es durchaus innerhalb des DFB möglicherweise Akteure gibt, die daraus gerne einen Anlass kreieren würden», sagte der 49-Jährige über interne Streitereien, die die DFB-Spitze um Präsident Reinhard Grindel, Bundestrainer Joachim Löw und Oliver Bierhoff angreifen. Er kritisierte klar: «Aus der Anonymität heraus Zweifel zu streuen, finde ich persönlich unanständig.»
Vor allem in der Debatte um den zurückgetretenen Özil, der in einer dreiteiligen Social-Media-Attacke mit dem DFB und Grindel abgerechnet, schwere Rassismusvorwürfe erhoben und seinen Abgang inszeniert hatte, verteidigte Seifert den DFB. «Ich finde es völlig abwegig, handlende Personen in Richtung Rassismus zu positionieren», sagte der DFL-Boss. Das Thema Migration und Integration habe während der WM beinahe sogar die deutsche Bundesregierung zerbrechen lassen, erinnerte Seifert. «Es wäre vom DFB schon sehr viel verlangt, wenn man so ein aufgeladenes und komplexes Thema gänzlich fehlerfrei behandelt.»
Seine Botschaft war klar: Grindel und Co. sollen weitermachen, müssen aber innerhalb des Verbandes einen klaren Reformprozess anstoßen. Der DFL-Boss, der bis zu diesem August-Tag zum historischen WM-Aus geschwiegen hatte, fordert ein hauptamtliches Management für den größten Sportfachverband der Welt. Zudem brauche es ein Aufsichtsgremium bestehend aus Amateur- und Profivertretern, «das sich aber auch auf die Aufsicht konzentriert».
Im Kern schloss sich der DFL-Chef damit Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge und Matthias Sammer an, die zuvor mehr Profis und mehr Fußball-Kompetenz in den höchsten Gremien des DFB gefordert hatten. Seifert will eine solche Reform auch deshalb, um wettbewerbsfähig bleiben zu können. Die aktuellen Verhältnisse, bei denen Ehrenamtliche «irgendwie mitmanagen», führen für den DFL-Boss «zu unklaren Zuständigkeiten, Kompetenzgerangel und unterm Strich zu Reibungsverlusten, die man sich nicht mehr lange leisten sollte». Man brauche eine «zukunftsfähige Struktur», sagte Seifert.
(dpa)