Heidelberg – Die deutschen Fußballerinnen haben den neunten EM-Titel als klares Ziel ausgegeben, doch ein Selbstläufer wird diese Mission nicht.
Einem halben Dutzend Mannschaften aus dem 16 Teams großen Starterfeld ist sportlich einiges zuzutrauen – und optimistische Töne kommen längst nicht nur aus dem deutschen Lager. «Wir wollen die Nummer eins werden», kündigte beispielsweise Schwedens Nationaltrainerin Pia Sundhage forsch an. Auch ein Sieg ihres Drei-Kronen-Teams zum EM-Auftakt gegen Deutschland am 17. Juli hält sie absolut für möglich: «Die Deutschen starten bei Turnieren immer mittelprächtig und steigern sich erst im Turnierverlauf.»
Neben Deutschland und Schweden gehören vor allem Frankreich, die gastgebenden Niederländerinnen, die starken Engländerinnen und Geheimfavorit Spanien zu den Titelanwärtern. Das EM-Turnier steigt vom 16. Juli bis 6. August in den sieben Städten Breda, Deventer, Doetichem, Enschede, Rotterdam, Tilburg und Utrecht.
Für EM-Routinier Anja Mittag sind die Französinnen der gefährlichste Kontrahent. «Frankreich hat wie immer eine sehr spielstarke Mannschaft, die sind hungrig, die haben noch immer kein großes Turnier gewonnen», befand die 32-Jährige, die zum vierten Mal bei einer EM dabei ist. Auch Bundestrainerin Steffi Jones betont: «Andere Nationen haben aufgeholt. Sie können zum Beispiel alle gut verteidigen. Da müssen wir Lösungen finden.»
31 Spiele stehen in den Niederlanden auf dem Programm. Den Auftakt machen Gastgeber Niederlande und Norwegen am 16. Juli in Utrecht. Gespielt wird in vier Gruppen mit jeweils vier Teams. Die ersten zwei jeder Gruppe qualifizieren sich für die Viertelfinals. Das Endspiel steigt am 6. August in Enschede. Die Statistik spricht dafür, dass das deutsche Team dann abermals um den Titel spielt. Bei acht von bisher elf Frauen-Europameisterschaften triumphierte Deutschland. Nur 1984 (Schweden/noch ohne Endrunde), 1987 und 1993 (jeweils Norwegen) trugen sich andere Nationen in die Siegerliste ein.
Erstmals in der EM-Geschichte nehmen 16 Mannschaften an der Endrunde teil. Bis zum Turnier 2013 in Schweden waren es jeweils zwölf Nationen, bis zur EM 2005 in England gar nur acht. Kritiker befürchten durch die Ausweitung Qualitätseinbußen. Doch die steigende Teilnehmerzahl entspreche der sportlichen Entwicklung, urteilt Nationalverteidigerin Josephine Henning. Sie feierte mit Olympique Lyon in der abgelaufenen Saison in Frankreich das Triple aus Meisterschaft, nationalem Pokal und Champions League. «Das Leistungsgefälle ist nicht mehr so hoch wie früher», sagte die 27 Jahre alte Olympiasiegerin. Anders als vor vielen Jahren könne man vor dieser EM «keine Ergebnisse mehr voraussagen». Das mache das Turnier auch für die Zuschauer interessanter.
Abseits der DFB-Spiele könnten bei der EM auch zwei weitere Deutsche in den Fokus rücken. In Bibiana Steinhaus (Langenhagen), die in der kommenden Saison in der Männer-Bundesliga pfeifen wird, und Riem Hussein aus Bad Harzburg wurden von der Europäischen Fußball-Union (UEFA) gleich zwei deutsche Schiedsrichterinnen berufen. «Wir waren erst mal ein kleines bisschen aus dem Häuschen, als wir erfahren haben, dass wir sogar zu Zweit für das Turnier nominiert sind», berichtete die vom Deutschen Fußball-Bund jüngst als Schiedsrichterin des Jahres 2017 ausgezeichnete Steinhaus.
Der deutsche Kader für die EM:
Tor: 12 Laura Benkarth (SC Freiburg/24 Jahre/5 Länderspiele/0 Tore), 1 Almuth Schult (VfL Wolfsburg/26/42/0), 21 Lisa Weiß (SGS Essen/29/4/0)
Abwehr: 14 Anna Blässe (VfL Wolfsburg/30/18/0), 6 Kristin Demann (Bayern München/24/10/0), 3 Kathrin Hendrich (1. FFC Frankfurt/25/15/1), 2 Josephine Henning (Olympique Lyon/27/39/1), 17 Isabel Kerschowski (VfL Wolfsburg/29/19/3), 4 Leonie Maier (Bayern München/24/54/8), 5 Babett Peter (VfL Wolfsburg/29/107/5), 7 Carolin Simon (SC Freiburg/24/3/0)
Mittelfeld: 13 Sara Däbritz (Bayern München/22/42/8), 16 Linda Dallmann (SGS Essen/22/5/2), 15 Sara Doorsoun (SGS Essen/25/8/0), 8 Lena Goeßling (VfL Wolfsburg/31/93/10), 22 Tabea Kemme (Turbine Potsdam/25/39/2), 20 Lina Magull (VfL Wolfsburg/22/11/2), 10 Dzsenifer Marozsan (Olympique Lyon/25/74/30)
Angriff: 19 Svenja Huth (Turbine Potsdam/26/27/0), 9 Mandy Islacker (1. FFC Frankfurt/28/15/5), 23 Hasret Kayikci (SC Freiburg/25/4/1), 11 Anja Mittag (FC Rosengard/32/154/50), 18 Lena Petermann (SC Freiburg/23/12/4)
(dpa)