München – Erst Tränen, dann der erwartbare Trotz: Nach der Nicht-Nominierung für die Fußball-WM in Russland hat Bayern-Stürmer Sandro Wagner seinen Ruf als unangepasster Profi untermauert.
Beim Training am Tag der Verkündung zeigte der weinende Wagner Gefühle, später aber klare Kante: Er trete sofort aus der Nationalelf zurück, sagte Wagner der «Bild»-Zeitung. «Ernst nehmen kann ich das natürlich nicht», meinte der Stürmer zu seiner Ausbootung.
Da war er wieder, der polarisierende Wagner. Der 30-Jährige sticht heraus im heutigen Fußball-Geschäft, wo die allermeisten Profis sich vor markigen Aussagen scheuen und am liebsten ganz unverbindlich sein wollen. Anders Wagner. «Teilweise eher zu wenig» verdienen Fußballer, sagte er noch in Diensten von Darmstadt 98 vor zwei Jahren. Es sind Aussagen, die hängen bleiben in den Köpfen der Menschen.
Dabei wird gerne übersehen, dass Wagner mehr als ein «prolliger» Fußball-Profi ist. «Wenn mir jemand sagt, Fußball sei sein einziger Lebensinhalt, dann halte ich das für dumm», sagte er einmal in einem Interview der Zeitschrift «11 Freunde» und fügte an: «Dem kann ich nur empfehlen, um 20 Uhr mal die Tagesschau anzumachen. Da kann er sehen, was wirklich wichtig ist.» Wagner reflektiert viel über die Welt.
Im Fußball aber giert er nach Erfolg – auch um seine WM-Chancen zu erhöhen, war er in der Winterpause von 1899 Hoffenheim zum FC Bayern München gewechselt. Dort musste er sich im Kampf um die Sturmposition zwar hinter Robert Lewandowski anstellen, lieferte aber dennoch eine gute Rückrunde beim Meister. In der zurückliegenden Bundesligasaison erzielte er insgesamt zwölf Tore – drei weniger als der Freiburger Nils Petersen, den Bundestrainer Joachim Löw am Dienstag überraschend anstelle von Wagner in sein vorläufiges WM-Aufgebot berief.
Für Wagner, der fest mit einer Nominierung gerechnet und das in den Wochen zuvor auch öffentlich kundgetan hatte, war das ein herber Rückschlag. Der Stürmer, der mit fünf Toren zusammen mit FCB-Teamkollege Thomas Müller in der WM-Qualifikation der beste DFB-Schütze war und 2017 zum Confed-Cup-Siegerteam gehörte, vermutete danach die Gründe für seine Ausbootung nicht im sportlichen Bereich: «Für mich ist klar, dass ich mit meiner Art, immer offen, ehrlich und direkt Dinge anzusprechen, anscheinend nicht mit dem Trainerteam zusammenpasse», polterte der kopfballstarke Angreifer, der acht Mal im DFB-Dress auflief.
Doch ob das stimmt? Im Mai 2017 hatte Löw über den damaligen Nationalmannschafts-Neuling jedenfalls noch gesagt: «Sandro Wagner ist völlig offen, ehrlich, korrekt. Ich freue mich auf ihn.»
(dpa)