Kratovo – Wenn Cristiano Ronaldo die Vorliebe für Mate-Tee teilen würde, könnte er sich bei der WM auch mal spontan mit Lionel Messi treffen. Rund 30 Kilometer trennen den fünfmaligen Weltfußballer aus Portugal vom fünfmaligen Weltfußballer aus Argentinien.
Hier in der Anlage des FK Saturn im Kratovo Village nahe Moskau der glamouröse Ronaldo, der neben seinem außerordentlichen Talent nur allzugern auch seinen außerordentlich durchtrainierten Körper zur Schau stellt und derzeit für viel Wirbel mit seinem möglichen Weggang von Real Madrid sorgt. Dort im wenig malerischen Bronnitsy der zumindest neben dem Spielfeld weitgehend unspektakuläre Messi. Einer, dem sie einst den Spitznamen La Pulga, der Floh, gaben.
Für beide dürfte die WM in Russland die letzte Chance sein, den größten Mannschaftstitel zu gewinnen. Der WM-Pokal fehlt dem 33 Jahren alten Ronaldo genauso wie Messi, der seinen 31. Geburtstag am 24. Juni mit seinen Kollegen der Albiceleste feiern wird. «Wir wollen alle dasselbe: Einen großen Titel mit der Nationalmannschaft», sagt Messi. «Die WM ist der Traum von uns, der Traum des ganzen Landes.»
Beide geben sich aber auch zurückhaltend, was die Chancen betrifft. «Wir wissen, dass wir keine Favoriten sind», sagt Ronaldo. Er setzt aber auf das, was Portugal vor zwei Jahren zum bislang größten Erfolg führte. «Wir werden dasselbe tun wie 2016: Bis zum Ende kämpfen und sehen, was dabei rauskommt.»
Er selbst konnte damals nicht bis zum Ende auf dem Platz im EM-Finale von Paris gegen Gastgeber Frankreich kämpfen. Seine Augen füllten sich mit Tränen, nach 25 Minuten Ronaldo musste er verletzt vom Platz. Am Spielfeldrand trieb er sein Team danach zum Titel. Jubel bei Ronaldo im Sommer 2016 – und der Rücktritt von Messi aus der Nationalmannschaft.
Schon wieder hatte er mit Argentinien ein Finale verloren, bei der Copa América im Elfmeterschießen gegen Chile, wie 2015. Dazu das verlorene WM-Endspiel 2014 in Brasilien nach Verlängerung gegen Deutschland – und auch noch eine weiter zurückliegende Finalpleite 2007 bei der Copa América. Zuviel für Messi. Die Rückholaktion begann, Argentiniens Staatschef Mauricio Macri schaltete sich ein und schloss sich dem Twitter-Hashtag #NoTeVayasLio («Geh nicht, Lio») an.
Wenige Wochen nach seinem Rücktritt verkündete Messi, wieder für Argentinien spielen und sein Land nach Russland führen zu wollen. Es gebe schon genug Probleme im argentinischen Fußball: «Ich will nicht für noch mehr sorgen.» Messi war es dann auch, der Argentinien mit einem Dreierpack gegen Ecuador die Teilnahme sicherte.
Messi, das sind unter anderem vier Champions-League-Titel mit dem FC Barcelona und neun spanische Meisterschaften. Ronaldo, das sind unter anderem vier Champions-League-Titel mit Real Madrid, einer mit Manchester United, zwei spanische Meisterschaften und drei Premier-League-Titel. International räumte vor allem Ronaldo in den vergangenen drei Jahren ab. Messi konnte die Katalanen nicht mehr zu den großen Erfolgen im Serientakt führen. 2015 gewann er zuletzt die Königsklasse, seitdem regiert Ronaldo. Auch bei der Weltfußballer-Kür, die sie seit einem Jahrzehnt unter sich ausmachen. 2007 war Brasiliens Kaká der letzte, der nicht Messi oder Ronaldo hieß, dem diese Ehre zuteil wurde.
Messi und Ronaldo setzen Maßstäbe – in jeder Hinsicht. Eine Milliarde beträgt die irrwitzige festgeschriebene Ablösesumme für Ronaldo, Messi einigte sich mit Barcelona bei einer seiner weiteren Vertragsverlängerung im Dezember vergangenen Jahres auf 700 Millionen Euro. Berechnungen diverser Medien zufolge soll Messi in Sachen Gehalt aber noch mal klar mehr bekommen als Ronaldo.
Dennoch fielen beide auch den spanischen Steuerbehörden schon negativ auf. Messi zahlte für sich eine Geldbuße von knapp 2,1 Millionen Euro und entging für weitere 250.000 Euro dem Antritt einer Haftstrafe von 21 Monaten wegen Steuerbetrugs. Es ging um 4,1 Millionen Euro. Ronaldo hat noch keine Klarheit. Er soll Medienberichten zufolge die Zahlung von 14 Millionen Euro angeboten haben, um damit seine Justizprobleme zu beenden. Die Staatsanwaltschaft wirft Ronaldo vor, über Briefkastenfirmen 14,7 Millionen Euro Steuern am spanischen Fiskus vorbeigeschleust zu haben. Keine Frage, die WM-Nachbarn Ronaldo und Messi hätten sich bei einem Mate-Tee viel zu erzählen.
(dpa)