Lille (dpa) – Im Dauerregen über dem knapp 1000-Seelen-Dörfchen Clairefontaine kehrten Frankreichs Spieler zurück in ihr EM-Quartier. Auf sonnige Aussichten in jeder Hinsicht hoffte die ganze Fußball-Nation aber schon am Tag nach der Nullnummer von Lille.
«Hoffentlich ist bald Sonntag», titelte die Sportzeitung «L’Équipe» mit Blick auf das kommende Achtelfinale der Équipe tricolore – Gegner noch offen. Bis zur Partie in Lyon kann Trainer Didier Deschamps die Ruhe und Abgeschiedenheit sowie die perfekten Trainingsbedingungen mit Rasen wie Teppich im Centre National du Football nutzen, um sein Team endlich in Titelform zu bringen.
«In manchen Zeiten hat man unsere Abwehr kritisiert. Die ist jetzt stabil. Nun geht es um den Angriff», sagte der Weltmeister von 1998. «Wir müssen die Spiele einfach machen, wenn wir so viele Chancen produzieren», meinte Zweifach-Torschütze Dimitri Payet am Montag bei einer Pressekonferenz in Clairefontaine. «Wir haben noch ein paar Dinge zu verbessern, dafür ist es nicht zu spät», sagte Payet und bestätigte damit schon die vorherige Einschätzung seines Trainers über seine selbstkritischen Schützlinge. «Ich weiß, dass die Spieler sich vollkommen bewusst sind, dass wir uns in einigen Belangen verbessern können», hatte Deschamps gesagt.
Beim 0:0 gegen die Schweiz im Finale der Gruppe A in Lille schoss die Vorzeige-Offensive um die Stars Paul Pogba und Antoine Griezmann sowie den neuen Fan-Liebling Dimitri Payet erstmals in diesem Jahr kein Tor – nicht mal in der Schlussphase.
17 Tore machte Frankreich in sechs Spielen zuvor im EM-Jahr. In den ersten drei EM-Partien gelangen der exzellent besetzten Offensivabteilung des Gastgebers nur vier Treffer. Dagegen erweist sich die vorher als Problembereich eingestufte Abwehr bislang zwar nicht immer als absolut schlupfsicher, viel ließ sie aber nicht zu. Kapitän und Torwart Hugo Lloris musste seit 205 Minuten nicht einen Ball parieren.
Und so konnten Lloris und seine Vorderleute wie auch die meisten Zeitungen im Lande – «Nordéclair»: «Ein Unentschieden, das glücklich macht – troz allem» und «La Voix du Nord»: «Das Wichtige ist erledigt» – die Nullnummer auch bestens verkraften. «Über die Art und Weise kann man immer diskutieren, aber das Wichtigste ist, die Gruppe als Erster abgeschlossen zu haben», meinte Manndecker Laurent Koscielny. «Wir haben nicht verloren, wir haben den Punkt, wir sind unbesiegt», sagte Mittelstürmer André-Pierre Gignac: «Auch wenn wir gehofft hatten zu gewinnen.»
Das misslang, auch weil im Tor der Schweizer der Gladbacher Yann Sommer unüberwindbar war. Dass er zum Man of the Match gewählt wurde, sage alles, meinte Deschamps.
Mit seiner Mannschaft kann er jetzt entspannt abwarten, wer am kommenden Sonntag der Gegner sein wird. Auf jeden Fall wird es ein Gruppendritter werden und damit eine vermeintlich leichte Aufgabe. Ihren Gegner kennen die Franzosen spätestens am Mittwochabend.
Ausgerecht die von ihm in allen drei Spielen unveränderte Vierer-Abwehrreihe droht in einem möglichen Viertelfinale auseinandergerissen zu werden. Koscielny und Adil Rami kassierten gegen die Schweiz Gelbe Karten. Belastet sind ebenfalls die gegen die Eidgenossen geschonten N’Golo Kanté im Mittelfeld und Olivier Giroud in der Sturmspitze.
Mit seinen fünf personellen Umstellungen gegen die Schweizer und der dritten Startformation im dritten Spiel hat Deschamps die notwendigen Alternativen im Blick. Erfreulich für ihn und seine Mannschaft: Pogba zeigte nach den Schlagzeilen um seine Geste im Albanien-Spiel vor allem zu Beginn eine starke Leistung. «Paul Pogba war heute die treibende Kraft hinter dieser Mannschaft», lobte Deschamps.
Wer auch immer nun der nächste Gegner der Franzosen sein wird, Sommer gab ihm eine kleine Empfehlung mit auf den Weg nach Lyon. Natürlich sei Frankreich einer der Titel-Favoriten. «Wir haben gesehen, was für eine Qualitat sie in ihren Reihen haben», sagte der Schweizer Torwart: «Wir haben aber auch gesehen, wie die Schweiz gegen sie aufgetreten ist und wie man ihnen Problem bereiten kann.»
Deschamps warnte zudem, seine Mannschaft dürfe sich dann auch von den Anhängern in blau-weiß-rot auf den Tribünen nicht zu sehr verleiten lassen. «Es gibt große Unterstützung von den Fans, wir müssen uns davon aber im Spiel etwas lösen», verlangte er mit Blick auf die K.o.-Phase.
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(dpa)