Noordwijk – Ein Sieg um (fast) jeden Preis. Nicht mehr und nicht weniger wird vom neuen Trainer der niederländischen Fußball-Nationalmannschaft, Dick Advocaat, erwartet.
Am Freitag tritt Oranje in Rotterdam in der WM-Qualifikation gegen Luxemburg an. Und wenn der WM-Dritte überhaupt noch eine Chance auf ein Ticket für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland behalten will, dann darf kein Punkt mehr verspielt werden.
Zeit für Experimente hat Advocaat nicht, das weiß der 69-Jährige ganz genau: «Wir können uns nichts mehr erlauben», sagte er bei seiner ersten Pressekonferenz als Nationaltrainer. Es ist bereits die dritte Amtsperiode des international erfahrenen Trainers bei Oranje.
Die Niederlande stehen zur Zeit nur auf dem peinlichen Platz in der Gruppe A. Sechs Punkte hinter dem Gruppenersten Frankreich, drei Punkte hinter Schweden und noch zwei hinter Bulgarien. Nur die Ersten jeder Gruppe qualifizieren sich automatisch für die WM. Die besten acht Zweitplatzierten können aber noch in den Playoffs um ein Ticket spielen.
Advocaat hält eine Teilnahme an der WM noch für möglich. Doch in den Niederlanden überwiegt die Skepsis. Zu lange dauert die Krise bei der Elftal, die bereits die Europameisterschaft 2016 verpasst hatte. Doch Advocaat ist zuversichtlich. «Wir brauchen jetzt gute Ergebnisse», sagte er, «die geben Selbstvertrauen, und damit spielt man besser.»
Sein Assistent Ruud Gullit sprach sogar von «Resultat-Fußball». Und das ist den Niederlanden mit seiner Tradition von attraktivem Angriffsspiel eigentlich ein Schimpfwort. «Wir schaffen es bis zur WM», sagte Gullit: «Wenn es sein muss, hinterhältig.»
Immerhin hat das Duo Advocaat/Gullit eine fitte Mannschaft. Auch Bayern-Stürmer Arjen Robben, der gerade noch mit Magenschmerzen das Training ausfallen ließ, soll am Freitag dabei sein. Ansonsten will Advocaat den Routinier Wesley Sneijder von Galatasaray Istanbul setzen. An seinem 33. Geburtstag darf er sein 131. Länderspiel absolvieren – und würde damit den Rekord des früheren Keepers Edwin van der Sar auslöschen.
Die Medien sehen inzwischen alles als Hoffnungsschimmer. Nach dem Antritt des neuen Trainers sei die Stimmung bei Oranje deutlich besser geworden, befand die Boulevardzeitung «De Telegraaf» und brachte ein großes Foto mit einem witzelnden Trainerduo. Dazu die Schlagzeile: «Das Lachen ist zurück bei Oranje».
In den letzten Monaten gab es aber nicht viel zu Lachen. Es herrschten Frust, Ärger, Streit und Chaos. Als sich die WM-Qualifikation in eine bedrohliche Richtung entwickelte, wurde Trainer Danny Blind im März entlassen.
Und Advocaat kehrte zurück. «Ich bin nur 15. Wahl», sagt er nun zynisch. Doch er bewies auch eine gesunde Portion Pragmatismus. Der Blick in die Vergangenheit bringe gar nichts. «Wir müssen nun nach vorne schauen, von Spiel zu Spiel.»
(dpa)