Leipzig – Für die nächste Demütigung in der Fremde fiel die Krisenbewältigung beim 1. FC Nürnberg bemerkenswert offen und nüchtern aus.
Selbst Torwart Fabian Bredlow wusste, was ihn nach den Gegentoren acht bis 13 in nur zwei Auswärtsspielen des überforderten Aufsteigers der Fußball-Bundesliga erwartet. Er habe sechs «Dinger» kassiert, wenn es die Torwart-Diskussion jetzt nicht geben würde, «wann dann»?, fragte Bredlow und ergänzte vorsichtig: «Vielleicht nicht intern, aber extern. Ich kann es auch nicht ändern.»
Die Hoffnung nahm ihm Trainer Michael Köllner schon einen Tag danach. «Wir werden das Spiel und die Tore in Ruhe analysieren, ich werde mit meinem Torwarttrainer sprechen», sagte der Coach. «Wir werden nach dem Training schauen, was die beste Lösung ist.» Der Subtext: Gut möglich, dass nach der Länderspielpause Christian Mathenia und nicht mehr Bredlow das Tor des Clubs hüten darf.
Der 23-Jährige hatte sich in Leipzig unumwunden den Fragen gestellt, von den Rängen der Red Bull Arena drangen noch die Jubelgesänge der Fans von RB Leipzig in den Innenraum. Bredlow kennt das Stadion, er stand einst selbst bei RB unter Vertrag. Doppelt schlimm? «Sechs Tore, scheißegal, wo du die kassierst, tun einfach höllisch weh, egal gegen wen», meinte der Keeper, der bei den meisten der Gegentreffer beim 0:6 keine allzugute Figur abgab.
Elf Tage nach der 0:7-Abfuhr beim jetzigen Spitzenreiter Borussia Dortmund rannten die Clubberer gegen den neuen Tabellenzweiten auch ins Verderben. Mitspielen wollten sie, das Gegenteil passierte. Nürnberg wurde überrannt. Nach dem Abpfiff standen die meisten Spieler kurz wie in Schockstarre auf dem Platz.
Trainer Köllner trommelte seine Truppe noch dort im Kreis zusammen und leistete erste Aufbauarbeit. «Für uns geht es schon drum, Woche für Woche in der Liga zu lernen», sagte der Coach. «Wir wissen auch, dass es für uns eine hammerharte Liga ist.» Eine, die für die Nürnberger zum Gefühlsextrem zu werden droht.
Eigentlich stehen die Franken ja gar nicht so schlecht da: Zwölfter Platz mit acht Punkten aus sieben Spielen. Vereine mit großen Zielen wie 1899 Hoffenheim (13./7), Bayer Leverkusen (14./7) oder der FC Schalke 04 (15./6) liegen hinter dem FCN. Das Aufsteiger-Duell gegen Fortuna Düsseldorf (17./5) hatten die Nürnberger zwischen den schmachvollen Auswärtspleiten mit 3:0 und einem starken Bredlow für sich entschieden. «Wir haben in der Saison schon das eine oder andere richtig gemacht», betonte Köllner.
«Uns war vor der Saison klar, dass es Spiele geben wird, in denen wir unter die Räder kommen werden», sagte Sportvorstand Andreas Bornemann. «Dass es so schnell hintereinander passiert ist, ist natürlich nicht schön.»
Das haue sie aber nicht um, bekräftigte Trainer Köllner. Und so wirkten der 48-Jährige und seine Spieler auch. Enttäuschung und Frust waren zu spüren, keine Frage. Es war aber nicht so, dass Trainer und Mannschaft sich voller Gram und Scham versteckten.
«Das einzig Positive ist, dass wir jetzt genug Zeit haben, das alles aufzuarbeiten und uns aufzurappeln», betonte Bredlow. Ob Köllner wie nach dem BVB-Debakel wieder auf eine Analyse verzichten wird, um seine Spieler nicht noch mal zu quälen, blieb offen. «Wir müssen das Spiel trainingstechnisch aufarbeiten», kündigte er an.
Bis zum Heimspiel gegen den Tabellennachbarn Hoffenheim am 20. Oktober hat er nun Zeit, sein Team wieder aufzubauen. «Ganz wichtig ist, dass die Mannschaft jetzt zusammenhält und nicht angefangen wird, sich zu zerfleischen», sagte Bredlow.
(dpa)