Trier – Bundestrainer Henrik Rödl durfte seine frühere sportliche Heimat Trier mit einer beruhigenden Erkenntnis verlassen. Im größten Notfall funktioniert das Team der deutschen Basketballer vor der WM in China auch ohne ihren Schlüsselspieler Dennis Schröder.
«Er kann im Spiel auch mal Foulprobleme haben, dann müssen wir auch ohne ihn klarkommen. Wir haben inzwischen so einen tiefen und guten Kader, dass wir mit solchen Situationen zurechtkommen», sagte Rödl nach dem dominanten 78:46-Sieg gegen Schweden im ersten von sieben Tests vor der Weltmeisterschaft. «Aber er ist klar unser Anführer. Wir freuen uns, dass wir ihn am Dienstag integrieren können.»
Nach einem Aufenthalt in den USA wegen privater Angelegenheiten soll der NBA-Aufbauspieler nun vor dem Supercup in Hamburg (16. bis 18. August) zum Team stoßen – in Trier deuteten mehrere Spieler an, dass sie eine wichtige Rolle an seiner Seite übernehmen können. Vor allen Paul Zipser zeigte in seinem erst zweiten Länderspiel in den vergangenen drei Jahren, wie weit er nach einem langwierigen Verletzungsrückschlag schon wieder ist.
«Ich fühle mich sehr, sehr gut, körperlich, gesundheitlich», sagte der 2,03 Meter große Flügelspieler vom FC Bayern erleichtert. «Ich hatte sehr viel Spaß heute auf dem Spielfeld zu stehen, gerade mit den Jungs.» Gegen überforderte Schweden glänzte der 25-Jährige mit 14 Punkten als bester Werfer, schloss sehenswert nach Lob-Anspiel von Maodo Lo per Dunking ab, verteidigte in größeren Formationen auch Guards des Gegners.
Diese Freude war ihm zuletzt selten vergönnt gewesen. 2016 wechselte er im Alter von 22 Jahren als eines der größten deutschen Talente von München zum früheren NBA-Meisterclub Chicago Bulls. In der stärksten Liga der Welt absolvierte der gebürtige Heidelberger insgesamt 104 Spiele, wurde aber wie schon mehrfach zuvor in seiner Karriere von Fußproblemen gebremst und stand nach der Trennung im Sommer 2018 lange nicht auf dem Parkett. Im vergangenen halben Jahr fand Zipser beim spanischen Club San Pablo Burgos aber wieder den Anschluss und unterschrieb zuletzt einen neuen Zweijahresvertrag bei den Bayern.
«Ich bin froh, die Chance zu bekommen, wieder Euroleague zu spielen. Ich habe noch Ziele in meiner Karriere nach den letzten zwei Jahren, die nicht optimal gelaufen sind», sagte Zipser in Trier. «Ich will endlich eine richtige Meisterschaft gewinnen.» Beim Titelgewinn der Münchner 2014 hatte er sich bereits früh in den Playoffs verletzt.
So ist Zipser in jeder Trainingseinheit, in jeder Minute auf dem Feld die Freude anzumerken, endlich wieder im Kreise des Nationalteams sein zu dürfen. Im Februar hatte er bereits sein Comeback gegeben, war aber nach erneutem Umknicken nur einmal zum Einsatz gekommen. Der Neustart ist nun bestens geglückt und macht Hoffnung auf mehr. «Ich habe einen sehr guten Eindruck von ihm», lobte Rödl. «Seine Athletik kommt wieder, seine Schnelligkeit, seine Selbstvertrauen. Natürlich wünscht man sich, dass er gesund bleibt.»
Und der Traum von der NBA? Ist trotz der durchwachsenen Erfahrungen mit für ihn unbefriedigenden Wurfquoten vor allem im zweiten Jahr keinesfalls vorbei: «Das ist natürlich das Ziel, wieder zurückzukommen», betont Zipser. «In den nächsten zwei Jahren wird es nicht passieren, aber danach werden wir sehen.»
(dpa)