Amsterdam – Als Manuel Neuer erstaunlich emotionslos seine Topleistung beim Sieg der Fußball-Nationalmannschaft in Amsterdam erklärte, schlich Virgil van Dijk hinter ihm mit gesenktem Kopf davon.
Auch Hollands Kopfball-Hüne hatte Deutschlands Nationaltorwart diesmal keinen Schrecken einjagen können. Für Neuer war das 3:2 in der Johan-Cruyff-Arena zum Start in die EM-Qualifikation nach der Dauerdiskussion um seine Stellung als Stammtorwart im Zweikampf mit Marc-André ter Stegen auch eine persönliche Befreiung. Aus der Ruhe bringen konnte ihn nach seinem seit langem besten Auftritt im Nationaltrikot aber nichts.
«Ich denke, dass ich torwartspezifisch ein gutes Spiel gemacht habe», sagte der 32-Jährige staubtrocken. Dem Bayern-Schlussmann war es eher ein Bedürfnis, generell um eine sachliche Bewertung zu bitten. «Grundsätzlich habe ich ein bisschen darauf gewartet, dass irgendwann einmal Sachen kommen, wo ich mich auszeichnen kann. In der Vergangenheit hatte ich nicht viele», beschrieb Neuer seine Situation beim FC Bayern und im DFB-Trikot. Eine Krise wolle er sich ohnehin nicht einreden lassen. «Ich habe eine gute Rückrunde gespielt, da bin ich fest von überzeugt, egal was da geschrieben wurde.»
Seine erste Parade gegen Ryan Babel war weltklasse. Zwei Minuten später bewahrte er mit einem Reflex gegen den Oranje-Angreifer die DFB-Elf noch einmal vor dem schon in der ersten Halbzeit drohenden Ausgleich. «Die Antwort hat er auf dem Platz gegeben. Wir wissen von der Stärke von Manuel. Und es freut mich sehr, dass er das in vielen Aktionen zeigen konnte», sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff.
Joachim Löw sah ein Ausrufezeichen seines Schlussmannes angesichts der anhaltenden Debatte um dessen Leistungsfähigkeit: «Manuel Neuer hat in drei Situationen super gehalten. Er hatte eine gute Ausstrahlung hinten. Es war auch vom Manuel eine klasse Leistung.»
Neuers Ausgangslage im 86. Länderspiel war nicht leicht. Ausgerechnet gegen Holland hatte er beim 0:3 im Oktober und dem 2:2 im November den weiteren Absturz nach dem WM-Aus auch nicht verhindern können. Er machte nicht mehr wie zur WM-Glanzzeit 2014 den Unterschied aus. Abwehr-Koloss van Dijk ärgerte ihn zudem noch als Torschütze für Liverpool gegen die Bayern in der Champions League ein drittes Mal.
Nach der Ausmusterung seiner drei Bayern-Kollegen Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng blieb die Frage offen, warum Löw für den Torwartposten das Leistungsprinzip nicht in gleicher Härte anwendet und den seit Monaten beim FC Barcelona glänzenden ter Stegen nicht zu seinem EM-Torwart aufbaut.
Als Neuer zur Halbzeit gegen Serbien wie verabredet dem sechs Jahre jüngeren Kontrahenten Platz machte, wurde der ausgebliebene Handschlag als Symbol einer Stimmungskrise gewertet. Neuer will von einer emotionalen Eiszeit zwischen ihm und ter Stegen aber nichts wissen. «Es geht nicht um den Marc, und es geht auch nicht um mich. Grundsätzlich ist unser Verhältnis mit allen Torleuten gut. Wir arbeiten ja zusammen. Wir sind ja in einer Mannschaft», sagte Neuer.
(dpa)