London – Auch im Urlaub ließ Mesut Özil den Ball nicht ruhen. Der Nationalspieler postete in dieser Woche ein Foto vom Strand: In Badeshorts spielt der 29-Jährige gut gelaunt mit ein paar Kindern Fußball. «Immer und überall», schrieb er dazu.
Auf dem Bild strahlt Özil eine Unbeschwertheit aus, die man in den vergangenen Wochen und Monaten kaum bei ihm gesehen hat. Nach einer enttäuschenden Saison mit dem FC Arsenal, der Affäre um die Erdogan-Fotos und dem peinlichen deutschen Vorrunden-Aus bei der Fußball-Weltmeisterschaft soll es für ihn in England nun wieder bergauf gehen.
Nach seinem Urlaub fliegt Özil am Sonntag mit der Mannschaft des FC Arsenal nach Singapur. Dort gehen die Gunners auf eine Art Werbetour, trainieren bei Temperaturen um die 30 Grad und treffen in einem Freundschaftsturnier im National-Stadion am Donnerstag auf den Europa-League-Sieger Atlético Madrid und am Samstag auf den französischen Fußballmeister Paris Saint-Germain. Das Turnier trägt den imposanten Namen «International Champions Cup». Arsenal ist als einziges der drei Teams ohne einen aktuellen Titel dabei.
Neben Neuzugängen wie dem aus Leverkusen verpflichteten deutschen Torhüter Bernd Leno hat in Singapur auch Özil erstmals die Chance, sich dem neuen Arsenal-Trainer Unai Emery zu empfehlen. Emerys Vorgänger Arsène Wenger hielt große Stücke auf den zuletzt so viel gescholtenen Mittelfeldstar und nahm ihn nach schwächeren Spielen stets in Schutz, wenn Medien und britische Fußball-Kommentatoren ihn kritisierten. Unter Emery muss sich Özil, dem viele Arsenal-Fans nach wie vor zu Füßen liegen, erstmal neu beweisen.
Die französische Sportzeitung «L’Équipe» hatte ihn nach der WM auf Basis der Spielnoten in ihrer «schlechtesten Elf» des Turniers gelistet – neben den DFB-Profis Thomas Müller und Sami Khedira. Emery ahnt wohl, dass er bei Özil zunächst ein bisschen Aufbauarbeit leisten muss. «Das Nationalteam hat nicht das erreicht, was sie wollten», formulierte es der neue Coach vorsichtig. Doch er forderte, dass Özil das im Urlaub hinter sich lässt. «Ich will, dass er sich schön entspannt. Und wenn er zu uns kommt, dann möchte ich, dass er mental in guter Form ist.»
Ob sich das alles so einfach abhaken lässt? Zumal in Deutschland weiter mit Spannung erwartet wird, dass sich Özil zur Affäre um die Erdogan-Fotos äußert. Die im Vorfeld der WM entstandenen Bilder von Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Staatspräsidenten hatten für einen Eklat gesorgt und auch in Russland nachgewirkt. Gündogan hatte sich noch vor dem Turnier geäußert, Özil schwieg – und fand sich nach dem Vorrunden-Aus mit Deutschland plötzlich im Zentrum einer öffentlichen Debatte um Integration wieder.
DFB-Präsident Reinhard Grindel und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff forderten eine öffentliche Erklärung des Weltmeisters. Das Duo geriet allerdings selbst in die Kritik, weil Grindel und Bierhoff mit Interview-Aussagen den Eindruck erweckt hatten, Özil sei durch den verursachten Wirbel für das frühe WM-Aus mitverantwortlich. Beide relativierten ihre Aussagen später. Doch die scharfe und zum Teil unverhältnismäßige öffentliche Kritik prasselte weiter auf den Weltmeister ein. Sein Vater soll Özil zum Rücktritt geraten haben.
Nun liegt es also auch an Emery, dem Nationalspieler aus der Krise zu helfen und ihn dabei zu unterstützen, seine Topform wiederzufinden. Das kündigte der Spanier bereits an. «Mesut ist ein sehr wichtiger Spieler für uns, wir wollen ihm helfen», versprach er. «Ich möchte mit ihm auf ganz neue Weise arbeiten und mit dem Ziel, dass er seine Qualität im Team weiter verbessert.»
Ein kleines und vielleicht wichtiges Signal sorgt beim Mittelfeldstar schon mal für Vorfreude auf die neue Saison. Statt der Rückennummer 11 wird Özil in Zukunft die 10 auf dem Trikot tragen. «Das ist mehr als eine Nummer», sagte er. Es herrscht Aufbruchstimmung bei Arsenal. Und Mesut Özil könnte davon profitieren.
(dpa)