Berlin/Glasgow – Europameisterschaften in sieben olympischen Sportarten, zwei große Gastgeber-Städte und eine Vision: Die Premiere der European Championships vom 2. bis 12. August soll eine neue Ära von Multisport-Events einläuten.
Die Macher versprechen attraktive Wettkämpfe in Berlin und Glasgow, erhoffen sich viele Tausende Fans und setzen auf über eine Milliarde potenzieller TV-Zuschauer. Und auf die Stars natürlich: Diskus-Olympiasieger Robert Harting nimmt im Berliner Olympiastadion Abschied von der ganz großen Bühne. In Glasgow geht Tour-de-France-Etappensieger John Degenkolb an den Start, auch der Deutschland-Achter ist dabei.
Klein-Olympia verspricht großen Sport: Hauptattraktion der Multi-EM sind die Leichtathletik-Europameisterschaften in Berlin (6. bis 12. August). In der schottischen Metropole kämpfen die Athleten in sechs Sportarten um EM-Medaillen: Turnen, Schwimmen, Radsport, Rudern, Triathlon und Golf. Über 4500 Sportlerinnen und Sportler aus 52 Nationen starten. Insgesamt 188 Medaillensätze liegen für die Besten bereit. ARD und ZDF planen für die elf Wettkampftage mit mehr als 100 Sendestunden.
«Unsere Vision ist einfach: Wir wollen ein Sportereignis schaffen, das die Europameister aufwertet und das die Zuschauer unbedingt in den Medien und vor Ort verfolgen wollen», sagte der Schweizer Marc Jörg, einer von zwei Geschäftsführern der European Championships, in einem Interview der Deutschen Prese-Agentur.
Sein britischer Kollege und Co-Gründer Paul Bristow beschrieb die Idee der Initiatoren und Macher: «Die Sportarten sind attraktiv, aber indem wir sie zusammenbringen und als einen Multisport-Anlass präsentieren, wird das Ganze größer als die Summe seiner Teile.» Vorbild für das Europa-Projekt sind die seit Jahrzehnten erfolgreichen Asienspiele und die Pan American Games.
«Ich glaube, das Multisport-Event European Championships läutet eine neue Ära des Sports ein, in der die Leichtathletik eine Schlüsselrolle spielen und die Zukunft des europäischen Sports mitbestimmen wird», sagte der Norweger Svein Arne Hansen, Präsident des Europa-Verbandes EA.
Auch die Athleten freuen sich schon. «Ich finde das super. Ich glaube, das ist auch ein schöner Fan-Austausch», sagte Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz, die deutsche Meisterin und große Gold-Hoffnung, im ZDF-Sportstudio. «Wenn ich mir vorstelle, als Leichtathletik-Fan Leichtathletik im Fernsehen zu sehen, und dann im Anschluss kommt Schwimmen, dann bleibe ich dran. Und vielleicht stelle ich fest, dass ich Schwimmen ganz cool finde», sagte die 26-Jährige vom TV Wattenscheid.
ARD und ZDF übertragen von Freitag an zehn Tage lang im Wechsel. «Das ist ein Experiment», sagte ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann. «Wir hoffen, dass unsere Zuschauer das Erfolgsrezept des Wintersports im Fernsehen nun auch im Sommer annehmen.» Der Wintersport macht es seit Jahren vor: Die Zeitpläne sind so aufeinander abgestimmt, dass die Sender an den Wochenenden den ganzen Tag über Live-Berichterstattung anbieten können.
Die deutschen Ruderer starten in Glasgow nur mit einem Rumpfteam, doch auch der Verbandsvorsitzende Siegfried Kaidel erhofft sich eine bessere Medienpräsenz: «Es ist ein sehr guter Ansatz, das Format aufzunehmen, das uns Sommersportarten der Wintersport vorgemacht hat. Damit können wir mehr Aufmerksamkeit vor allem über die ausgedehnten Fernsehzeiten bekommen.»
Der Brite Paul Bristow und der Schweizer Marc Jörg, die das Projekt bereits 2011 angeschoben haben, setzen auf den sogenannten Aggregationseffekt: die Anhäufung bzw. Zusammenfassung von Teilen, die einen größeren Gesamteffekt ergeben als durch die bloße Addition.
So habe man festgestellt, «dass die Leichtathletik-Wettbewerbe im Rahmen der Commonwealth Games 2014 in Glasgow rund doppelt so viele Fernsehzuschauer wie die Leichtathletik-Europameisterschaften 2014 in Zürich angezogen haben», berichtet Jörg.
Jörg und Bristow gehen schon jetzt fest von einer zweiten Auflage aus. Ob die Multi-EM dann 2022 wieder an verschiedenen Schauplätzen stattfindet, muss sich zeigen. «So ein Zwei-Städte-Konzept ist für die Zukunft sicherlich nicht ausgeschlossen», sagte Bristow dem Branchendienst «insidethegames».
(dpa)