Dortmund – Happy End im dramatischen Elfmeterschießen, Glück bei der anschließenden Pokalauslosung – nach der bundesweiten Empörung über die Fan-Ausschreitungen am vergangenen Wochenende gab es in Dortmund wieder Grund zur Freude.
Nicht nur das 3:2 beim nächtlichen Showdown vom Punkt gegen Hertha BSC hob die Stimmung. Zur Erleichterung aller Beteiligten bekommt es der BVB im Viertelfinale des Wettbewerbs nicht mit Rekordsieger FC Bayern, sondern auswärts mit dem Drittligisten SF Lotte zu tun. Mit einem kurzen Lächeln kommentierte Weltmeister Matthias Ginter nach Mitternacht die machbare Aufgabe: «Das ist David gegen Goliath.»
Dass die Borussia zum bereits sechsten Mal in Serie in die Runde der letzten acht Teams einzog, war erneut der Nervenstärke ihrer Profis zu verdanken. Wie schon in der zweiten Runde gegen Union Berlin entging der Revierclub auch nach dem 1:1 (1:1, 0:1) gegen Hertha BSC im Elfmeterschießen dem drohenden Knockout. Dabei schlüpften Zauberfuß Ousmane Dembélé und Torhüter Roman Bürki in tragende Rollen.
Eigentlich schien die Partie für Neuzugang Dembélé schon Minuten vor dem dramatischen Schlussakt zu Ende. Mit schmerzverzerrtem Gesicht wurde er in der ersten Hälfte der Verlängerung vom Platz getragen und konnte wegen des bereits ausgeschöpften Dortmunder Auswechselkontingents nicht ersetzt werden. «Er hatte einen Ganzkörperkrampf und musste fünf Minuten lang reanimiert werden», beschrieb Trainer Thomas Tuchel im Scherz das Kuriosum um den erst 19 Jahre alten hochbegabten Franzosen. Humpelnd schleppte sich Dembélé zurück auf den Rasen und versuchte sich in der Schlussphase als Standfußballer.
Es zeugt von gewachsenem Selbstvertrauen, dass sich Dembélé dennoch als erster Elfmeterschütze meldete – und eiskalt verwandelte. Dieses Erfolgserlebnis dürfte ihm weiteren Auftrieb geben. Bereits in den vergangenen Spielen ging die Formkurve des für vergleichsweise günstige 15 Millionen Euro verpflichteten Dribbelkünstlers stetig nach oben. «Wenn er den Ball am Fuß hat, ist er unbeschreiblich», schwärmte Ginter. Ähnlich euphorisch fiel das Lob von Bürki aus: «Top, dass er sich noch einmal für die Mannschaft aufgerafft hat. Wenn Ousmane so weiter macht, sind für ihn nach oben keine Grenzen gesetzt.»
Neben Dembélé hatte Bürki maßgeblichen Anteil am hart erkämpfen Erfolg. Den eigentlich platziert und hart geschossenen Elfmeter des Berliners Vladimir Darida parierte er im Stil eines Klassekeepers. Der Zettel, den ihm BVB-Torwarttrainer Wolfgang de Beer kurz zuvor zugesteckt hatte, half dabei jedoch wenig. «Er wollte mir nur zeigen, dass die meisten Schützen, die wir analysiert hatten, schon ausgewechselt sind», kommentierte Bürki.
Das Fehlen seiner Elfmeter-Spezialisten war nach Einschätzung von Hertha-Coach Pal Dardai der Hauptgrund dafür, warum der Traum der Berliner vom ersten Pokal-Endspiel im eigenen Stadion wieder einmal platzte: «Plattenhardt und Ibisevic waren nicht da. Deshalb konnten wir das nicht so gut lösen.» Der durch einen Infekt geschwächte Marvin Plattenhardt stand erst gar nicht im Kader, Torjäger Vedad Ibisevic musste in der 60. Minute angeschlagen ausgewechselt werden.
Neben Darida zeigten Fabian Lustenberger und Salomon Kalou im Dortmunder Hexenkessel beim Schuss vom Punkt Nerven. Trotz des neuerlichen Knockouts gegen die Borussia, die schon im vergangenen Pokal-Halbfinale die Oberhand behalten hatte, wirkte Dardai nicht sonderlich konsterniert: «Es gibt keinen Vorwurf. Die Mannschaft und die Fans können stolz auf die Leistung sein, auch wenn die Niederlage weh tut. Wichtig ist, dass wir jetzt positiv bleiben.»
Zur Freude der Dortmunder Vereinsführung blieb es im und vor dem Stadion diesmal friedlich. Die Videobotschaft von Marcel Schmelzer, in der sich der BVB-Kapitän vor der Partie für die Fan-Ausschreitungen am vergangenen Wochenende beim Bundesligaspiel gegen Leipzig entschuldigte, wurde von den meisten Besuchern mit Applaus bedacht. «Gegen Gewalt» war auf vielen Zuschauerplakaten zu lesen.
(dpa)