Nagelsmanns bitterer Heim-Abschied

Sinsheim – Bei seinem Abschied vor der Fan-Tribüne kämpfte Julian Nagelsmann mit den Tränen – aus Wehmut, aber auch aus bitterer Enttäuschung.

Mit einer 0:1 (0:1)-Niederlage gegen Werder Bremen endete das letzte Heimspiel des Erfolgstrainers für die Kraichgauer in der Fußball-Bundesliga. Beide Clubs haben somit vor dem Saisonfinale als Tabellenachter und -neunter noch Chancen auf die Europa-League-Teilnahme, sind aber auf Schützenhilfe angewiesen.

«Die Stimmung ist schon verhagelt, da bin ich ehrlich», sagte der 31-Jährige bei der Pressekonferenz, bevor er sich zu seiner Ausstandsparty auf einem Neckarschiff aufmachte. «Aber es geht jetzt auch nicht darum, dass es jetzt ein Saufgelage wird für dreieinhalb Jahre.»

Die Werder-Mannschaft von Trainer Florian Kohfeldt feierte derweil am vorletzten Spieltag einen wichtigen Dreier beim direkten Rivalen. Vor 30.150 Zuschauern im ausverkauften Sinsheimer Stadion erzielte Johannes Eggestein in der 39. Minute das Tor des Tages in einer hektischen Partie. «Die letzten zehn, zwanzig Minuten war es nur noch ein leidenschaftliches Kämpfen. Wir sind einfach sehr glücklich», sagte Kohfeldt nach einem «wilden Spiel».

Nach nur einem Punkt aus den vergangenen drei Partien sind auch die allerletzten Träume der Hoffenheimer auf den erneuten Einzug in die Champions League geplatzt. Nach einer unruhigen Woche mit der scharfen Kritik von Stürmer Andrej Kramaric an Nagelsmann und dem bekannt gemachten Wechsel von Spielmacher Kerem Demirbay zu Bayer Leverkusen taten sich die Kraichgauer schwer.

Die Enttäuschung war Nagelsmann am Ende anzusehen, dennoch bedankte er sich übers Platzmikrofon beim Publikum: «Das Leben bewegt sich immer in Kreisen. Wir werden uns irgendwann wieder sehen», sagte er sichtlich bewegt. Nagelsmann wird zur neuen Saison Chefcoach bei RB Leipzig, das den Sprung in der Königsklasse längst geschafft hat.

Ohne Nationalspieler Nico Schulz (Knieblessur) starteten die Gastgeber etwas fahrig in das Spiel. Nach 20 Minuten aber hatten sie durch Adam Szalai die ersten Chancen: Der Ungar lenkte den Ball aber erst etwas unbeholfen am Tor vorbei und schaufelte ihn dann über die Latte. Beiden Mannschaften war anzumerken, dass es um viel ging.

Kohfeldt musste im Duell der «DFB-Trainer des Jahres» von 2017 und 2018 nicht nur ohne den erkrankten Martin Harnik und den gesperrten Davy Klaassen in die Partie gehen. Auch der so wichtige Spielmacher Max Kruse fehlte wegen Oberschenkelproblemen, und Theodor Gebre Selassie musste nach nicht einmal einer halben Stunde verletzt vom Rasen. So erspielte sich die TSG nach und nach ein Übergewicht, hatte aber Pech, als Kramaric bei einem Konter den Pfosten traf (38.).

Fast im Gegenzug bestrafte Bremen die TSG-Abwehr, als Torhüter Oliver Baumann seine Vorderleute mit einem folgenschweren Abspiel in Schwierigkeiten brachte: Johannes Eggestein köpfte zum 1:0 ein. Das 2:0 für Werder durch Maximilian Eggestein (43.) gab Schiedsrichter Bastian Dankert nach Videobeweis dann doch nicht: Johannes Eggestein hatte zuvor Ermin Bicakcic mit dem Ellbogen getroffen.

Zur Pause musste Hoffenheims Nadiem Amiri mit der Trage vom Platz gebracht werden – Verdacht auf Knöchelbruch und Bänderriss. Mit dem 19-jährigen Christoph Baumgartner als Amiri-Ersatz drängte die TSG im zweiten Durchgang auf den Ausgleich. Doch vieles blieb Stückwerk, zumal Demirbay und Kramaric nicht ihren besten Tag hatten.

Mit einem 1:1 am 13. Februar 2016 in Bremen hatte Nagelsmann sein erstes Bundesliga-Spiel als Chefcoach beendet, dafür reichte es diesmal nicht. Während die TSG beim Saisonfinale in Mainz ran muss, hofft Werder noch auf ein glückliches Ende gegen Pokalfinalist Leipzig. «Wir haben jetzt eine Art Endspiel, auch wenn wir’s nicht mehr in der eigenen Hand haben», sagte Torschütze Eggestein.


(dpa)

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