Doha – Heiß, heißer, Tokio: Die WM in Doha ist für die deutschen Leichtathleten ein wahrer Härtetest für die Olympischen Spiele 2020.
«Die Klimabedingungen in Japan werden nicht viel anders sein», sagte Idriss Gonschinska, Generaldirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. «Es werden die heißesten Olympischen Spiele überhaupt erwartet.» Deshalb erproben die Gastgeber sogar, Schneekanonen gegen die im Juli zu erwartende Hitze einzusetzen.
«Hier war es hart, in Tokio wird es härter», prophezeite Geher Jonathan Hilbert. Er wurde über die 50 Kilometer nach einer Tortur am Leistungslimit 23. von 28 Mitstreitern, die das Ziel erreichten. «Das ist auch noch mal ein Fingerzeig Richtung Tokio», meinte auch Geher-Kollege Carl Dohmann, der bei mehr als 30 Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit immerhin Siebter wurde. «Wir wissen jetzt Bescheid», befand Speerwurf-Europameisterin Christin Hussong und kündigte an, nach der Weltmeisterschaft keinen Urlaub in einem Land mit 45 Grad zu machen.
Abgesehen von den Gehern und Marathonläuferinnen hatte sie es wie die meisten der rund 2000 Starter im auf 25 Grad herunter gekühlten Khalifa-Stadion recht kommod. Bei den Leichtathletik-Wettkämpfen vom 31. Juli bis 9. August 2020 im Olympiastadion von Tokio wird es diesen coolen Luxus nicht geben.
Dies wird auch Gesa Krause treffen, die am Tag nach ihrem WM-Bronzelauf über 3000 Meter Hindernis schon mit der Olympia-Vorbereitung begann. «Ich will’s auch gerne einmal noch draußen probieren in der Hitze. Das gönne ich mir», sagte die Frankfurterin. Das Tokio-Medaillenprojekt hat sie längst bis ins Detail geplant, weil nur zehn Monate bis zu den Sommerspielen bleiben. «Ich weiß schon jetzt, wo ich im nächsten Jahr überall sein werde. Ich habe gern einen Plan.» Und der sieht fast pausenlos Trainingslager in den USA, Kenia, Südafrika und der Schweiz vor.
«Jeder Athlet hat damit zu kämpfen, dass die Vorbereitung kürzer ist», erklärte Bo Kanda Lita Baehre, der Überraschungsvierte im Stabhochsprung und betonte: «Dem müssen wir uns stellen und nicht zweifeln. Ich mache mir keinen Stress, dass das problematisch werden kann. Es hätte nur negative Auswirkungen.»
Während der Leverkusener «heiß auf die Hallensaison» ist, will sein Disziplinkollege Raphael Holzdeppe darauf verzichten. «Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meinem Körper mehr Ruhe gut tut», erklärte der zuletzt oft von Verletzungen geplagte Ex-Weltmeister.
Überhaupt kein Problem mit der ungewohnt kurzen Zeit bis zu den Tokio-Spielen haben die Speerwerfer von Bundestrainer Boris Obergföll. «Die Athleten, die bei Olympia starten, sind keine Jugendlichen mehr», meinte er. Mit Weltmeister Johannes Vetter könne er entspannt bis Dezember Pause machen und im Januar anfangen: «Dann ist er im August hundert Prozent fit. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht verrückt machen.» Er wisse nicht, warum so eine Panik gemacht werde. «Topleute brauchen nicht mehr als drei Monate, um Richtung 90 Meter zu werfen», erklärte Obergföll.
Überhaupt keinen Grund etwas zu ändern, sieht der neue deutsche Zehnkampf-Held Niklas Kaul. «Es geht genauso weiter mit dem Plan nach Tokio. Im Training wird sich nicht viel ändern», meinte der Sensationsweltmeister von Doha.
Der DLV muss sich aber nicht nur um die fitten Spitzenathleten kümmern, sondern auch um zahlreiche verletzte Athleten wie David Storl (Kugelstoßen), Arthur Abele (Zehnkampf) oder Marie-Laurence Jungfleisch (Hochsprung). «Wir müssen die Athleten, die nicht bei der WM sind, schnell an Bord bringen, damit wir in Tokio nicht so einen Verlauf der ersten Tage wie in Doha haben», sagte Gonschinska. Erst am vierten WM-Tag hatte Hindernis-Ass Krause die erste Medaille für das deutsche Team geholt.
(dpa)