Nancy – Als die deutschen Handball-Frauen nach dem vorzeitigen K.o. bei der Europameisterschaft ihre Koffer packten, nahmen sie bereits das nächste Reiseziel ins Visier.
«Wir sind heiß auf die WM in Japan», sagte Torfrau Dinah Eckerle. Und auch Bundestrainer Henk Groener hakte das Aus in der Hauptrunde durch die 21:27-Niederlage gegen den WM-Dritten Niederlande schnell ab. «Nach der EM ist vor der WM. Diese Endrunde war schon so etwas die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft. Die Mannschaft hat erfahren, was es braucht, um in einem solchen Turnier bestehen zu können», bilanzierte Groener.
Statt in Paris erstmals seit zehn Jahren um eine EM-Medaille oder wenigstens den fünften Platz zu spielen, machte sich die DHB-Auswahl am Donnerstagmorgen von Nancy aus auf den Heimweg. Die Gefühlslage schwankte zwischen Enttäuschung und Stolz. «Verlieren ist scheiße. Wir sind ziemlich hart auf dem Boden der Tatsachen angekommen», stellte Eckerle fest. «Aber mit etwas Abstand werden wir erkennen, dass wir mit dieser jungen Mannschaft ein richtig gutes Turnier gespielt und alles rausgeholt haben, was möglich war.»
Rang zehn im Abschlussklassement der Europameisterschaft in Frankreich bedeutet rein zahlenmäßig einen Rückschritt zum sechsten Rang vor zwei Jahren. Aber die Tatsache, dass die nach der verpatzten Heim-WM stark verjüngte DHB-Auswahl bis zuletzt die Chance auf das Halbfinale hatte, zeigt das Potenzial der Groener-Schützlinge. «Wir können stolz sein auf das, was wir gegen absolute Weltklasseteams gezeigt haben», sagte Rückraum-Ass Emily Bölk. «In den nächsten Jahren kann noch ein bisschen was aus uns werden.»
Drei Siege, drei Niederlagen – davon zwei gegen die Halbfinalisten aus Rumänien und den Niederlanden – stehen in der Bilanz. «Wir haben gesehen, dass wir von der Weltspitze ein Stück weit entfernt und noch nicht da sind, wo wir hinwollen. Aber die Mannschaft ist in Frankreich toll aufgetreten und hat vielleicht sogar mehr erreicht, als viele von uns erwartet haben. Wir sind auf dem richtigen Weg», lobte Groener.
Für ihn war es die erste Bewährungsprobe als Bundestrainer, für sechs seiner Spielerinnen das erste große Turnier überhaupt. Diese Unerfahrenheit kostete das Halbfinale, als im vorletzten Hauptrundenspiel gegen Ungarn (25:26) eine Führung in der Schlussminute aus den Händen gegeben wurde.
Insgesamt zeigte vor allem die Abwehr eine konstant gute Leistung, dahinter steigerte sich Torhüterin Eckerle in ihrem ersten Turnier als Nummer eins zu einem starken Rückhalt. Die Problemzone war – mit Ausnahme der allesamt überzeugenden Kreisläuferinnen – der Angriff. «Wir müssen mehr Konstanz in unser Angriffsspiel bekommen», sagte Rückraumspielerin Xenia Smits. Das Fehlen von Spielführerin Kim Naidzinavicius, die wegen einer Knieverletzung die EM verpasste, war letztlich nicht zu kompensieren. Beste deutsche EM-Schützin war Kreisläuferin Julia Behnke mit 21 Toren.
Am Samstag blicken die DHB-Frauen nun gespannt nach Paris, wo die Playoffs für die WM 2019 ausgelost werden. Groener verbreitete nach dem ordentlichen EM-Auftritt Zuversicht: «Unsere Mannschaft ist stark genug, um jeden Gegner, der aus dem anderen Topf auf uns wartet, zu schlagen.»
(dpa)