London – Andy Murray leidet nicht mehr, der zweimalige Wimbledonsieger lacht und jubelt wieder. Er hat keine Schmerzen mehr und spielt sogar wieder professionell Tennis.
Ein solches Comeback hat der Schotte selbst lange nicht für möglich gehalten. Besser hätte er es sich kaum ausmalen können. Fünf Monate nachdem er unter Tränen das nahende Ende seiner Karriere ankündigte, veredelte Murray seine Rückkehr mit einem Titel im Doppel. «Das ist wirklich verrückt», sagte er. «Ich habe gerade mit Feli das Doppel gewonnen, mit einer Metallhüfte. Das ist spezieller als viele Einzelturniere, die ich gewonnen habe.»
Seinem Ü30-Doppelpartner Feliciano Lopez fiel der zweimalige Olympiasieger am Sonntagabend im Londonder Queen’s Club in die Arme. «HIP, hip Hurra», schrieb das englische Boulevardblatt «The Sun» am Montag in Anspielung an das englische Wort «hip» für Hüfte: «Und eines der größten Comebacks im britischen Sport könnte sogar noch epischer werden, weil Murray nun offen ist für eine mögliche Einzel-Rückkehr bei den US Open.»
Ende Januar hatte der große Konkurrent von Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic in Melbourne die Worte kaum über die Lippen bekommen. Schluchzend sprach er davon, bald aufhören zu müssen. Die Leiden waren zu groß. Murray konnte sich nicht schmerzfrei die Socken anziehen, sehnte sich danach, problemlos mit seinen Kindern zu spielen. Es galt als möglich, dass die Niederlage in fünf quälenden Sätzen in der ersten Runde der Australian Open gegen den Spanier Roberto Bautista Agut sein letzter Auftritt war.
Seit Jahren hatte ihm die Hüfte Probleme bereitet. Eine weitere Operation sollte dann insbesondere den Alltag erleichtern. Doch nun hat die frühere Nummer eins auch wieder Spaß am Tennis. «Wir haben alle gehofft, dass er zurückkommen würde», hatte Federer gesagt.
Mit Lopez, der im Alter von 37 Jahren und 276 Tagen auch das Einzel im Queen’s Club gewann, hatte Murray zuvor noch nie zusammen gespielt. Dann besiegte das Duo bei Murrays Comeback die an eins gesetzten Kolumbianer Juan Sebastian Cabal und Robert Farah, die Briten Daniel Evans und Ken Skupski sowie die finnisch-australische Kombination Henri Kontinen und John Peers. Als Murray und Lopez im Endspiel dann auch noch den letzten Punkt beim 7:6 (8:6), 5:7, 10:5 gegen Rajeev Ram und und Joe Salisbury aus den USA und Großbritannien holten, erhoben sich die Zuschauer respektvoll von ihren Sitzen.
Murray «spielt mit so viel Elan, Fingerspitzengefühl und Augenmaß, dass in diesem Rahmen noch deutlicher wird, wie überragend er ist», urteilte «The Guardian». Der «Telegraph» meinte: «Was für ein Drehbuch hat sich Andy Murray bei seiner Rückkehr zum Profi-Tennis ausgedacht. Nach fünf Monaten Reha wegen seiner Metallhüfte tanzte Murray zurück ins Spiel».
Für den Schotten war es der erste Doppel-Titel seit 2011, das Einzel hatte für den Weltklassespieler in den vergangenen Jahren Priorität. Nun wird er auch nach Wimbledon, dem Ort seiner größten Triumphe, als Tennisspieler zurückkehren – und nicht nur, wie er vor fünf Monaten hoffte, um sich zu verabschieden. Im Doppel tritt der Brite mit dem Franzosen Pierre-Hugues Herbert an, womöglich spielt er auch Mixed.
Seine Auftritte könnten zum neuen Anfang werden. Denn wer weiß, ob Murray nicht auch im Einzel bald wieder verblüffen wird? «Ich bin glücklich, dass ich wieder Tennis spielen und trainieren kann und keine Schmerzen mehr habe», sagte der 32-Jährige: «Wenn ich weiter Fortschritte mache, würde ich gern versuchen, Einzel zu spielen.»
(dpa)