Müde Kanuten holen in Minsk sechs Medaillen

Minsk – Der Präsident nahm’s mit einem Schulterzucken hin. «Besser hier als nächstes Jahr bei den Olympischen Spielen», sagte Thomas Konietzko, der erste Mann des Deutschen Kanuverbandes.

Der erfolgsverwöhnte Kajak-Vierer hatte bei den Europaspielen zum ersten Mal seit der EM 2018 in Belgrad eine Niederlage kassiert. Am Donnerstag holten die deutschen Rennkanuten dreimal Silber sowie einmal Bronze und schraubten ihre Bilanz als erfolgreichster Teil des deutschen Minsk-Teams zum Abschluss ihrer Wettbewerbe auf sechs Medaillen. Dabei sind sie nach intensiven Trainingstagen in der Heimat alles andere als frisch.

«In Deutschland wird von uns immer Gold verlangt, aber mit Silber sind wir happy», betonte Max Rendschmidt (Essen), der sich zusammen mit Tom Liebscher (Dresden), Ronny Rauhe (Potsdam) und Max Lemke (Mannheim) am Morgen über 500 Meter knapp Russland geschlagen geben musste. Bei Weltuntergangsstimmung mit strömendem Regen und starkem Wind am Nachmittag holten Lisa Jahn (Berlin) im olympischen Einer-Canadier sowie der Zweier-Kajak mit Franziska John (Potsdam) und Tina Dietze (Leipzig) ebenfalls Silber in den 200-Meter-Rennen. Max Hoff (Essen) erkämpfte sich im Einer-Kajak über 5000 Meter Bronze.

Die Rennen in Minsk waren auch als Europameisterschaft ausgeschrieben, dienten allerdings anders als bei vielen anderen Sportarten nicht als Olympia-Qualifikation. Die deutschen Kanuten bestritten sie aus dem vollen Übungsbetrieb heraus. In der Vorwoche verbrachten sie noch eine intensive Trainingswoche auf der Duisburger Wedau. «Heute hat sich noch einmal deutlich gezeigt, dass alle im Team von der langen ersten Saisonhälfte geschlaucht sind und praktisch auf dem Zahnfleisch paddeln», sagte Sportdirektor Jens Kahl.

Rendschmidt sieht in der Niederlage auf der Regattastrecke Zaslavl einen Ansporn für die seit 2017 in dieser Formation fahrende Vierer-Besatzung. «Das wird uns einen kleinen Schub geben, um noch härter zu trainieren, so dass wir bei der WM wieder vorne sind.» Die Titelkämpfe Ende August im ungarischen Szeged sind der Saisonhöhepunkt der Kanuten. Dort werden die Quotenplätze für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr vergeben.

In Tokio, so das von Präsident Konietzko ausgegebene Ziel, wollen die Kanuten wie so oft für die Mannschaft des DOSB den Medaillenspiegel aufhübschen und «die Kohlen aus dem Feuer holen». Der Vierer soll dann wieder das Flaggschiff sein. «Wir haben alle ein Ziel: Dort die richtige Medaille um den Hals hängen zu haben», sagte Rauhe – nahm das Wort Gold aber nicht in den Mund.

Die Schützen setzten dagegen die Reihe der Enttäuschungen fort. Die Harzerin Jolyn Beer (Lochtum) ging zwar als Siegerin der Qualifikation ins Finale im Dreistellungskampf der Gewehrschützinnen, konnte ihr Potenzial dort aber nicht abrufen. Sie wurde nur Achte und verpasste damit den erhofften Quotenplatz für Tokio 2020.


(dpa)

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